[489] [491]73.
Erinn're dich, wie sich verstohlen
Dein holder Blick mir zugewandt,
Und klar auf meinem Angesichte
Der Schriftzug deiner Liebe stand;
Erinn're dich, wie mich dein Auge
Getödtet durch des Vorwurf's Macht,
Und deine Lippe, Zucker kauend,
Das Wunder 'Îsa's dann vollbracht;
Erinn're dich des trauten Kreises,
Wo wir genossen Morgenwein:
Der Freund nur war und ich zugegen,
Und mit uns war nur Gott allein;
Erinn're dich, wie um die Mütze
Mein Mond gebunden sich ein Band
Und wie – ein Bote, weltdurchmessend –
Der Neumond ihm am Bügel stand.
Erinn're dich, wie ich die Schenke,
Als Trunk'ner mir zum Sitz erwählt
Und wie ich endlich dort gefunden,
Was heute in Moscheen fehlt;
Erinn're dich, wie laut zu lachen
Der Onix des Pocales schien,
Und wir Geschichten uns erzählten,
Ich und dein reizender Rubin;
Erinn're dich, wie deine Wange
Das Licht entflammte meiner Lust,
Und ungescheut ich es umkreiste
Als Falter mit verbrannter Brust;
Erinn're dich, wie beim Gelage,
Das sonst der Anstand überwacht,
Der Morgenwein es war gewesen,
Der wie ein Trunk'ner aufgelacht;
Erinn're dich, wie deine Sorge
Stets an den rechten Platz verwies
Die Schnüre ungebohrter Perlen,
Die Dichterschätze des Hafis.