Doris und der Wein
O Anblick, der mich fröhlich macht!
Mein Weinstock reift, und Doris lacht,
Und, mir zur Anmuth, wachsen beide.
Ergötzt der Wein ein menschlich Herz,
So ist auch seltner Schönen Scherz
Der wahren Menschlichkeit ein Grund vollkommner Freude.
Was die Empfindung schärft und übt,
Was Seelen neue Kräfte gibt,
Wird unsre heiße Sehnsucht stillen.
Wie reichlich will die mildre Zeit,
Die sonst so sparsam uns erfreut,
Den tiefsten Kelch der Lust für unsre Lippen füllen.
Der Wein, des Kummers Gegengift,
Die Liebe, die ihn übertrifft,
Die werden zwischen uns sich theilen.
Wer mir der Weine Tropfen zählt,
Nur der berechnet unverfehlt
Die Küsse, die gehäuft zu dir, o Doris! eilen.
Weil deine Jugend lernen muß,
So laß dich meinen öftern Kuß
Die Menge deiner Schätze lehren.
Gib seinem treuen Unbestand
Stirn, Augen, Wangen, Mund und Hand,
Und laß ihn jeden Reiz, der dich erhebt, verehren!
Uns klopft ein Vorwitz in der Brust,
Der stumme Rath ererbter Lust,
[304]Der Liebe Leidenschaft zu kennen.
O lerne meine Holdin sein!
Ich schwöre dir, bei Most und Wein,
Mich soll auch Most und Wein von keiner Doris trennen.
Es mögen künftig Wein und Most
Des trägen Alters Ernst und Frost
Durch feuerreiche Kraft verdringen!
Alsdann ertönt für sie mein Lied;
Jetzt, da die Jugend noch verzieht,
Will ich allein von dir, auch in der Lese, singen.