9.

»Im Anfang war die Nachtigall
Und sang das Wort: Züküht! Züküht!
Und wie sie sang, sproß überall
Grüngras, Violen, Apfelblüt'.
Sie biß sich in die Brust, da floß
Ihr rotes Blut, und aus dem Blut
Ein schöner Rosenbaum entsproß;
Dem singt sie ihre Liebesglut.
Uns Vögel all' in diesem Wald
Versöhnt das Blut aus jener Wund';
Doch wenn das Rosenlied verhallt,
Geht auch der ganze Wald zugrund'.«
So spricht zu seinem Spätzelein
Im Eichennest der alte Spatz;
Die Spätzin piepet manchmal drein,
Sie hockt auf ihrem Ehrenplatz.
Sie ist ein häuslich gutes Weib
Und brütet brav und schmollet nicht;
Der Alte gibt zum Zeitvertreib
Den Kindern Glaubensunterricht.
[219]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Heine, Heinrich. Gedichte. Neue Gedichte. Neuer Frühling. 9. [Im Anfang war die Nachtigall]. 9. [Im Anfang war die Nachtigall]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-4550-D