Scena quarta.
Seuerus. Probus. Nero. Die Räthe.
SEUERUS.
Ihr Kämmerlinge gehet beyseits. Hörstu Nero, Wie kömpts? Das du dich so trotziglich erzeigest? vnd wilt nicht zu mir kommen, wann ich dir Boten schicke?
[343]NERO.
Kan ich dann fliegen?
SEUERUS.
O Sohn, bedencke dich eines bessern.
NERO.
Ich habe mich schon langst bedacht.
SEUERUS.
Nu wolan, So mus ichs Gott vnnd der geduldt beuehlen.
NERO.
Das wil ich auch thun.
SEUERUS.
Schweig, Vnd laß mich reden.
NERO.
Wer wolte mir das reden verbieten?
SEUERUS.
Hörstu woll, Das du das Maul haltest.Nero helt seinem, Vatern zu trotze mit den Fingern das Maul zu vnd sihet gar trotzlich vnd saur aus. Lieben Kinder, Ich bin nunmehr Alt, vnd wol betagt, Vnd habe die lengste zeit erlebet, Damit ich aber meinem Väterlichen Ampt möge gnug thuen, So habe ich euch mein Väterliches gemüth entdecken, Eine gute lehre, darnach jhr euch halten geben, Auch sonsten, wie ichs nach meinem Tode wil gehalten haben, vermelden möchte. Darumb lieben Kinder, Gehorchet mir, ewerm Vater, Vnd lebet also, auff das es euch wolgehe, Für allen dingen aber, Lasset euch die Furcht des HERrn befolen sein. Dann die Furcht des HERRN ist der Weißheit anfang, Vnd wer den HERRN fürchtet, dem wirds wolgehen, Vnd wann er trosts bedarff hat, wird er gesegnet sein, Sehet aber gleichwol zu, das ewer Gottesfurcht nicht Heuchley sey, Vnd dienet GOtt nicht mit falschem Hertzen, Vnd suchet nicht ruhm durch Heucheley bey den leuten, Damit der HERR ewre tücke nicht offenbare, Vnd stürtze euch öffentlich vor den leuten, Darumb das jhr nicht in rechter furcht Gott gedienet haben, vnd ewer Hertz falsch gewesen ist.
PROBUS.
Lieber Vater, Ich wil diß mit fleis in acht nehmen, Vnd was ich aus Menschlicher schwachheit nicht thun kan, wil ich Gott vmb hülff anruffen.
[344]SEUERUS.
Negst diesem ehret ewern Vater vnd Mutter, Mit der That, Mit Worten, vnd mit geduldt, Auff das vnser Segen auff euch kommen möge. Lieben Kinder, pfleget mein, Weil ich nun Alt bin, vnd betrübet mich ja nicht, weil ich lebe, Vnd haltet mirs zu gute, Ob ich Kindisch werde, vnd verachtet mich nicht, darumb, das jr geschickter seid, Dann wer seinen Vater wolthat erzeiget wird nimmermehr vergessen werden, Vnd wer seinen Vater ehret, wird auch frewde an seinen Kindern haben.
PROBUS.
Ich hoffe auch lieber Vater, das ich solches bishero noch gethan, Ich wil mich ferner auch mit GOttes hülffe befleissigen, das ich euch zum zorn nicht vrsache geben möge. Was ich auch sonsten in ewerm hohen Alter mit pfleg vnd warten thun kan, wil ich gerne thun nach meinem vermügen, Bins auch zu thun schüldig.
SEUERUS.
Nero, antworstu mir dann hierauff nichts? Was du zu thun gemeint seist oder nicht. Nero schweigt stille. Hörstu nicht? Hastu kein Maul?
NERO.
Heut früe hatte ichs noch, Habt jhr mir doch beuohlen, Ich solte das Maul halten, Das habe ich auch mit diesen beiden Fingern gethan.
SEUERUS.
O du Gottloser Bube, Gott wird dich straffen, Vnd wird dir nimmermehr wolgehen, Aber wie dem allen, Ich wil nicht destoweniger mit Väterlichem vermhanen anhalten, Wiltu mir dann nicht gehorchen, So wird dich Gott wol finden. Letzlich, Weil ich (leider) mit schmertzen vnd bekümmerniß erlebet, Vnd sehen mus, Das jhr beiden Brüder nicht eins seid, Wiewol der mangel auff einem teil nicht sein mag, So kan ich nicht vnterlassen, Euch trewhertzig vnd Vaterlich zuuermahnen, Kans dann nicht frucht schaffen, so mus ichs Gott beuhelen, Wann ich das meine thue, so bin ich desto besser für Gott vnd der Welt entschüldiget. Sehet hie an diesen Pferdes Haern, die nhemet zu euch, vnd versuchet, Ob jhr sie von einander reissen könnet. Gibt es jhnen hin, Probus versucht sich daran, kans aber nicht zerreissen, Der Jüngste Son Nero wils nicht nehmen, vnd sagt trotziglich.
[345]NERO.
Das sein Haar von einer alten Mehren, Das habe ich lange wol gewust, Das wann sie beyeinander sein, man sie nicht zerreissen kan.
SEUERUS.
O Gott wird dich losen Buben noch straffen. Schweiget ein wenig stille. Sehet hie das Bündlein Garten, Versuchet es, ob jr sie könnet brechen. Probus versuchet es, er kan sie aber nicht brechen, Nero aber wil sie nicht nehmen, vnd sagt.
NERO.
Das sein Hassen Stöcke, Wenn man einen damit schlegt, schwellen sie nicht, Das habe ich vorhin wol gewust, das man sie nicht brechen kan.
SEUERUS
seufftzet vber seines Sohns trotz, vnd spricht.
Da habt jhr nun gesehen, Wann die Haar vnd das Bündtlein zusammen bleiben, das sie nicht können zerbrochen vnd zerrissen werden, Daraus jhr dann das lernen sollet, Wann meine Väterliche erinnerung so viel köndte oder möchte stadt haben, Das jhr wollet eins sein, vnd auff einem stücke halten, Das euch niemandts so baldt anfechten werde, Dann das alte Sprichwort heisset: Concordia paruæ res crescunt, Discordia maximæ dilabuntur. Werdet jhr aber vneinig sein, vnd nicht zusammen halten, So kans auch mit euch keinen bestandt haben, Dann sehet, versuchet das Haar, vnd den entzeln Stock, Den werdet jhr leichtlich zerbrechen vnd zerreissen können. Probus zerreist das Haar vnd zerbricht den Stock. Nero aber wil es nicht annhemen vnd sagt.
NERO.
Das ist mir ein Närrisch Munster, Was sol man hieraus lernen? Das ist ein Pferde Haar vnd ein Hässeln Stock. Vnd lachet gar hönisch, v d wirfft es von sich.
SEUERUS.
Nun wolan, Ich wil entschüldiget sein für Gott, Dann ich das meine gethan habe. Vnd schweiget ein weil stille, vnd seufftzet.
PROBUS.
Lieber Vater, Ewre trewhertzige erinnerung wil ich mit fleis in acht nehmen, Vnd es an mir nicht erwinden lassen, Wil mich auch für meine Person mit meinem Bruder gar freundlich begehen, Ich wüste auch nicht, das ich einigen grollen wider jhne haben solte. Reichet Neroni die Handt, er wil sie jhm aber nicht geben.
[346]SEUERUS
seufftzet gar tieff, vnd schweiget ein weil stille, darnach spricht er.
Lieber Probe, Negst diesem wil ich dir nach meinem Tode Die Regierung, Auch Land vnd Leute Gentzlich hiemit auffgetragen haben, Derogestaldt, Das du mein Landt allein Regieren, Auch die Vnderthanen sich nach niemandts, als nach dir richten sollen Wie ich dann auff solchen fall auch meine Räthe an dich hiemit wil gewiesen haben, So lange aber gleichwol mein Weib, Deine Fraw Mutter im leben, Soltu sie jmmer mit zu rathe ziehen, vnd gebürlich ehren Wie ich sie dann zu dero behuff zu einer Vormünder hiemit wil verordnet haben. Die Leibzucht vnd vnterhalt, So ich deiner Fraw Mutter gemacht, Soltu jhr halten, Vnd vor andern schützen vnd handthaben, Sonsten wil ich dich zum trewlichsten vermanet haben, Du wollest dein Regiment also anstellen, Das es Gottes Namen zu Lob vnd Ehr, Zu erhaltung Kirchen vnd Schulen, Land vnd Leuten zu trost gereichen möge, Wie dir dann meine Räthe hierzu werden, jrer verwandtnus nach, einräthig sein können, Vnd in Summa, So halte GOtt für augen, Ehre deine Eltern, Vnd deine von Gott gesetzte Obrigkeit, Thue recht, schew niemand, Vnd las den Teuffel vnd seine Mutter darumb sawr sehen.
PROBUS.
Lieber Herr Vater, Was E.G. jetzunder mir vermeldet, hab ich verstanden, Vnd ob ich wol mich viel zu gering vnd vnuerstendig erkenne, Solche Last vnd mühe auff mich zunemen, So wil ich doch, Weil E.G. mich darzu tüchtig erkant, Es in Gottes Namen auff den fall, (Den Gott nach seinem willen lange verhüten wolle) Annhemen, Vnd wil Gott zu hülffe nehmen, vnd meiner Fraw Mutter vnd Ehrlicher Leute Rath brauchen, vnd vermittelst Göttlicher hülffe es also machen, Das Gott dadurch geehret vnd gelobet, Kirchen, Schulen, vnd Landt vnd Leute erhalten, Die Frommen geschützet, vnd die Bösen, Niemand ausbescheiden, Gestraffet werden mögen. Souiel meine Fraw Mutter belanget, Wil ich mich gegen dieselbigen aller schüldigen gebühr erzeigen, Wie das E.G. angeordnet, Sich auch ohne das eigenen vnd gebüren wil.
SEUERUS.
Das höre ich gerne, lieber Son, Thustu es, so wirstu glück haben, Gehe nur hin im Friede, Wie es mit deinem Jungen Brudern sol gehalten werden, wil ich zu disponiren wissen.