Scena prima.
Vincentius Ladislaus. Siluester. Iohan Bouset. Marschalck. Valerius. Balthazar. Lackey.
Vincentius kompt gegangen, vnd hat ein hauffen Diener hinter sich her. Er hat gar ein statlich, aber doch Nerrisch Kleidt an, hat sich mit viel Gülden Ketten behangen, den Schnuptuch hat er im Gürtel stecken, schüttelt den Kopff, vnd spreiset sich wie ein Katz, Setzet [526] die Füsse all nach der kunst, rücket den Mantel hin vnd wieder, wirfft das Maul auff, dreihet den Barth, hat die Finger all mit Ringen besteckt, sihet sich etlichemal vmb, ob jm auch seine Diener volgen, vnd setzt den Huet auff ein Ohr, Vnnd wenn er sich so vmb sihet, haben seine Diener stracks die Hüte in der Handt, vnd sein bereit anzuhören, was er beuhelen wolte, Item seine Diener tragen jhm Spiesse vnd lange Röhr nach.
SILUESTER
kümpt mit seinen Dienern heraus jhm entgegen, vnd sagt zu Iohan Bouset seinen kürtzweiligen Rath.
Rede nicht ehe biß das ich dirs beuhele.
IOHAN BOUSET.
Ich sols thun.
VALERIUS
ad Vincentium.
Edler, Ehrnuester, Manhaffter in Kriegsleufften, vnd andern freyen löblichen Künsten wolerfarner weitberhümbter Kempffer zu Roß vnd Fues, Gestrenger Juncker, Der Hertzog kömpt euch da entgegen.
VINCENTIUS LADISLAUS.
Domine Valeri, Sitzet vns auch der Mantel gleich? Valerius ziehet jhm denselben zurechte. Domine Balthasare, Henget vns auch die Ketten gleich. Zum Lackeyen. Du, Lackey, Saubere vns die Schuch. Entlich gehet er gar stoltz forth, nimpt aber den Huet nicht ehe abe, biß das er nahe beim Hertzogen ist, Vnd wann er den Huet abnimmet, thut ers mit grosser bedacht, damit er das Heupt nicht zu eilendts entblössen, vnd erkalten möge, Rüspet vnd brüstet sich gewaltig, gibt dem Hertzogen mit grosser Reuerentz die Handt, vnd spricht. Wir Vincentius Ladislaus Sacrapa von Mantua, Kempffer zu Roß vnd Fues, etc. Wünschen Ewer Fürstlichen Durchleuchtigkeit einen frölichen guten Morgen, Vom Auffgang biß zum Niedergang der Sonnen, Der liebe Gott wolle derselben ausgang vnnd eingang behüten, von nun an biß inn Ewigkeit. Vnd weil E.F. Durchleuchtigkeit vnsere gegenwart vnnd kundtschafft instendiglich begeret, Vnd darumb bey vns vleissig anhalten lassen, So haben wir vns durch die beweglicheit vnsers Leibes vnd Glieder anhero zu E.F. Durchleuchtigkeit verfüget, erhoben, vnd eingestellt, Vnd hat sich fürwar, Das wir dieselben mit vnserm anblick anschawen mögen, vnser Hertz [527] vnd alle inwendige Glieder inn vnserm Leibe vor grosser frewde gar vmbgekert. Dieweil auch jetzunder Kriegs vnnd Kriegsgeschrey vor der handt sein, Vnnd E.F. Durchl. ohn allen zweiffel eines hochuerstendigen, kecken, berhümbten, vnd erfarnen Kriegsmans werden von nöten haben, So werden E.F. Durchleuchtigkeit denselben an vns finden vnd haben, Wollen vns auch zu dero besten hiemit beuhelen, Vnd zu dero behueff, Damit sie wissen mögen, Was sie an vns vor einen Man haben, E.F. durchleuchtigkeit wir dasselbe zur nachrichtung angezeiget, vermeldet vnd angedeutet haben.
SILUESTER
zu Iohan Bouset.
Herr Oberster, Thut vnsert wegen antwort. Raunet jhm ins Ohr, vnd befihlet, was er sagen sol.
IOHAN BOUSET.
Manhaffter, Streitbarer, in Kriegs sachen wolerfarner, insonders guter vnbekanter Herr vnd Freundt, Mein gnediger Fürst vnd Herr, Hat zu Ohren, Hertz vnd Sinn genommen, Was jhr jetzunder durch ewere statliche, zierliche vnd bedechtige Rede vorbracht, Vnd haben S.F.G. vber ewre vberaus grossen verstandt, geschicklicheit, zierlicheit in Reden, nicht allein sich vber die masse sehr verwundert, Sondern auch hertzlich gerne vnd mit frewden vernommen, Das sie an euch so einen erfarnen Manhafften, behertzten, kecken Man gefunden, Vnd wollen dieselbigen mit Ewer Herrligkeit hernach weiter aus diesen sachen reden lassen. Inmittelst dieses so geredet wird, mus er sich gewaltig brüsten.
VINCENTIUS LADISLAUS.
Ist ein Man in der Welt jetzunder, so dem Türcken wird wiederstandt thun können, so sol es dieser Man thun, Weiset auff sich selber. Vnd wenn Alexander Magnus, so die gantze Welt in Zwölff Jaren bezwungen hat, noch lebte, Solte jhm dieser Man zuschaffen geben.
SILUESTER.
Herr Marschalck, Lasset decken vnd anrichten.
[528]MARSCHALCK.
Ich wil hingehen, vnnd es bestellen. Gehet abe.
SILUESTER
ad Vincentium.
Herr Oberster, Ihr müsset manche Treffliche That haben ausgerichtet, Weil jhr euch so wol versucht habet.
VINCENTIUS LADISLAUS.
Es ist vnmüglich zu gleuben, Was wir vor Ritterliche, Manhaffte, fürtreffliche Thaten haben ausgerichtet. Als wir noch ein Student waren, Wie wir vns dann von Jugendt auff die Kriege bevlissen, Da haben wir neben andern Studenten, Welcher in der Zal Zweyhundert vnnd Neun vnd Neuntzig gewesen, Sieben Tausent Kriegsleut erlegt, Vnd keinen gefangen genommen.
IOHAN BOUSET.
Das ist war, Das habe ich gesehen, Ich war dasselbige mahl nicht weit dauon, Ich sahe wol, Das jhr dasselbige mahl drey in einem Schuß erschosset, Vnd zwey blieben stracks Todt, Aber der eine lebte noch ein wenig, Derselbe kondte nicht wol Deudsch, vnd rieff, O Allemanni, wie scheust du mit Specke. Vincentius schweiget ein weinig stille darnach spricht er.
VINCENTIUS LADISLAUS.
Wir wollen E.F. Durchleu. noch eine Geschichte, Da wir selbst mit bey gewesen, erzelen, Es ist wol vnglaublich, aber doch war. Wir haben mit denselben Studenten auch eine Stadt mit Pomerantzen, Melonen, Citronen, vnd Granatepffel gestürmet vnd eingenommen.
SILUESTER.
Das ist zuuerwundern.
IOHAN BOUSET.
Das ist wahr. Ich wil aber E.G. sagen, wie es ist zugangen, Als wir vor der Stadt vns gelägert, vnnd sie ausgehungert, Daß das Volck nichts mehr zuessen hatte, Wurffen wir ein hauffen Pomerantzen, Melonen, Citronen, vnd Granatepffel in die Stadt, Vnd als das Volk von Hunger nach den Epffeln lieff, Dieselben auff assen, vnd jhre sach nicht in acht hetten, Nahmen [529] wir die Stadt ein. Vincentius schweiget ein weinig stille, vnd spricht darnach.
VINCENTIUS LADISLAUS.
Wir vnd vnser gantzes Geschlecht seind des Adelichen vnd Manhafften Geblüts, Das wir je vnd allwege zu den Kriegen lust gehabt, Vnd nicht allein die Mans, Sondern auch Weibs Personen sich desselbigen bevlissen. Vnser geliebte Schwester, So nu in Gott verstorben, Hat in einer Vestung, darin wir belagert waren, in einem Tage im Sturmen Vier vnd Zwantzig Kerl vmbgebracht.
IOHAN BOUSET.
Das ist war, Ich were es auch bald ohne schaden nicht inne worden, Dann ich war dasselbige mal ewer Feind, Ich wil aber E.G. berichten, wie sie es gemacht hat, Sie stundt auff dem Walle, vnd hatte bey sich ein grossen Kessel vol Leimwasser stehen, Vnd eine Strentze, Damit strentzte sie vns, (dem Feinde) das Leimwasser in die Augen, Vnd wann dem Feinde dann die Augen waren zugekleistert, do warff sie ein gros lang rundt Holtz, welches sie auff dem Walle hatte, herunter, Vnd ehe die Leute sich wieder ermuntern konten, schlug dasselbe Holtz drey vnd zwantzig Kerl todt, Vnd ich war der vier vnd zwantzigste, Dann mit dem Leimwasser traff sie mich etwas niedrig, Das es mir nicht in die Augen kam, Vnnd als ich das Holtz sahe herunter fallen, sprang ich auff die halbe, Vnd fiel auff die Erden, Das die Leute meinten, ich were todt, Vnd wie ich darnach meine gelegenheit sahe, lieff ich dauon. Schweiget ein weile stille.
VICENTIUS LADISLAUS.
Wir verstehen, Das jetzo gros Kriegswesen vor der Handt ist, Nun wolten wir, Als ein weitberhümbter vnd Kriegs erfahrner Oberster, E.F. Durchleuchtigkeit wol gute vnd nützliche anschlege geben, Wie man den Feind angreiffen, vnd mit weinigem Volck, vnd grossem vortheil, Welches vor dieser zeit nicht im gebrauch gewesen, abbruch thun kondte.
[530]SILUESTER.
Das möchten wir gerne anhören.
VINCENTIUS LADISLAUS.
Wir haben einmal eine Fahne Reuter gesehen, Da fuhrte ein jeder Reuter vier vnd zwantzig Röhre, Vnd kondte einer so viel thun, als sonst 24. Wann dasselbe noch geschehe, kondte man mit gringem Volck dem Feinde grossen abbruch thun.
IOHAN BOUSET.
Das ist war, Wir könnens aber beiderseits ohne lügen nicht reden, Dieselben Reuter habe ich auch gesehen.
SILUESTER.
Das ist wol ein fein ding, Aber ich möchte wol gern wissen, Wie man die Röhre alle führen wolte.
VINCENTIUS LADISLAUS.
Wir wöllens E.F. Durchleu. berichten, Sie hatten etliche auff die Hüte gestecket, als die Hanefeddern. Inmittelst sie also reden, wird der Tisch gedeckt. Siluester schweiget ein weile stille, vnd spricht darnach.
SILUESTER.
Herr Oberster, Ich befinde aus ewren reden, Das jhr all mahl selbst dabey gewesen seid, Darumb müsset jhr offtmals grosse gefahr aus gestanden haben.
VINCENTIUS LADISLAUS.
Das werden E.F. Durchleuch. kaum glauben können, Was wir vor gefahr ausgestanden haben, Ich wil derselben nur zweierley erzelen. Wir haben einmal vor einer statlichen Festung gelegen, der Name aber ist vns entfallen, Da hat man nach vns Sieben tausent vnd etliche Hundert Schüsse gethan, Mit Carthaunen, Mawrenbrecher, Feldschlangen, vnd anderm groben Geschütz, Vnd wir seind von keinem getroffen worden.
SILUESTER.
So möget jhr wol von grossem glück sagen, Aber saget mir, Seid jhr auch wol ehe in Kriegsleufften gefangen worden?
VINCENTIUS LADISLAUS.
Ja, Wir sind einmal gefangen worden, Wie aber solches zugangen, [531] wollen wir E.F.G. berichten. Wir waren inn der Belägerung vor einer Stadt, Vor derselben thaten wir, neben vnsern Gesellen, starcke Scharmützel, Vnnd durch dasselbe Scharmützel kamen wir gar nahe zum Thor, vnd würden alldar von vnsern Gesellen verlassen, Wie wir nun nicht wenden kondten, musten wir noth halben es wagen, vnd mit den Feinden in die Stadt eilen, In dem wir nun hinein renten, ließ der Thor Wechter das Schutz Gitter inn aller eile fallen, Vnd schlug damit vnsern Gaul das hinterteil biß an den Sattel abe, Wir wurden aber solches nicht gewahr, Renneten auch dem Feinde mit dem halben Pferde nach, biß auff den Marckt, Vnd thaten noch daselbst dem Feinde nicht geringen abbruch. Als wir aber vermerckten, das vns der Feindt wollte zu starck werden, wolten wir vns wenden, Vnd in dem stürtzte das Pferd mit vns, Vnd würden gewahr, das wir ein solchen grossen schaden empfangen hetten, Musten also vns wieder vnsern willen gefangen geben, Vnd vns mit einer Tonnen Goldes Rantzaunieren.
IOHAN BOUSET.
Das habe ich nicht gesehen, Dann ich bin nicht dabey gewesen. Inmittelst kömpt des Hertzogen Gemahlin mit jhrem Frawenzimmer, vnd lesset auch der Marschalck das Essen aufftragen.
SILUESTER.
Das Essen ist da, Wir wollen vns zu Tische setzen, Herr Oberster, Gehet hin zu meiner Gemahlin, Vnd gebet derselben erstlich die Handt.
VINCENTIUS LADISLAUS.
Das wollen wir mit aller Ehrerbietung, vnd vns eingepflantzten höffligkeit willig vnd gern thun vnd verrichten. So viel auch die Malzeit anlanget, wollen wir die auffgetragene Speise inn schüldiger danckbarkeit mit zuthun vnser Zehne zu vns nehmen vnd geniessen, Dann wir haben bey vnserm Wirthe gar schlechte vnd geringe Tractation gehabt, Dann er lies vns grobe Speise, Als Speck, Hering, Vnd andere geringe Kost, Zu welchen wir [532] vnsern Magen nicht gewehnet, fürtragen, Von welchen wir aus fürwitz einen Bissen versucht, Der vns dann gar vbel bekommen, Das wir auch nicht wol darnach ruhen können.Gehet zu der Hertzogin vnd dem Frawenzimmer vnd gibt jhnen nach der reige mit grosser Reuerentz vnd höffligkeit auff seine arth die Handt. Der Hertzog setzet sich mit seiner Gemahlin zu Tische, vnd lesset Vincentium etliche mal durch den Marschalck zur Tafeln fordern, Er aber weigert sichs, bis entlich der Hertzog selbst auffstehet, vnd jhn zum Tisch führet. Da setzet er sich mit grosser Reuerentz vnd höffligkeit nieder.