[142] V.
Das junge Mädchen.
Ein junger Mensch sprach einen wackern Mann,
Durch einen guten Freund, um seine Tochter an.
Der Alte, der sein Kind noch nicht versprechen wollte,
War dennoch ungemein erfreut.
Und bat den Freund, mit vieler Höflichkeit,
Daß er bey ihm zu Tische bleiben sollte.
Die Tochter, ob sich gleich der Vater sehr verstellt,
Erräth die Sache bald. Was? fängt sie an zu schließen,
Ein fremder Herr, den man zu Tische gleich behält,
Was bringt doch der? Ich solls nicht wissen;
Allein umsonst bückt er sich nicht so tief vor mir.
Ist auch der gute Freund wohl meinetwegen hier?
Der Fremde hofft, es soll ihm noch gelingen,
Und wagt es bey dem Glase Wein,
Das Wort für seinen Freund noch einmal anzubringen.
Mein Herr, fiel ihm der Vater ein,
O! denken Sie doch nicht, daß ich zu hart verfahre:
Mein Kind kann wirklich noch nicht freyn,
Sie ist zu jung; sie ist erst vierzehn Jahre.
Indem er dies noch sprach: trat Fiekchen selbst herein,
[143]Und trug ein Essen auf. Was? fieng sie an zu schreyn,
Was sagten Sie, Papa? Sie haben sich versprochen.
Ich sollt' erst vierzehn Jahre seyn?
Nein, vierzehn Jahr und sieben Wochen.
1»Ließ sie der Vater denn nicht freyn?«
Das weiß ich nicht; doch nein, ich wills nur sagen:
Denn unter denen, die mich fragen,
Da könnten wohl selbst junge Mädchen seyn;
Die zu beruhigen, will ich's aufrichtig sagen:
Der Vater schämte sich, und ließ die Tochter freyn.
Gellert.