[43] Die Dirne

Schleiche auf dunklem Flur,
Schleppe grauen Gram.
Bin ja, bin ja nur
Eine alte Hur':
Habt mich für Geld.
Kenne auf der Welt
Keine Scham –
Ein Tier!
War doch auch ein Kind,
Rein wie ihr,
Las in dem Angebind,
Dem Samtbrevier:
Herrgott, dich loben wir –
Bin wie ihr gesprungen
Zu Spiel und Tanz,
Habe so hell gesungen
Auf sonniger Heide:
Wir winden dir den Jungfernkranz –
Jungfernkranz! –
Mit veilchenblauer Seide ...
[44]
Schleiche auf dunklem Flur,
Häßliche, alte Hur',
Gehorsamer Diener!
Gehorsamer Diener! –
Gott!! –
Mütterchen, was sagt der liebe Gott?
»Beten, beten!«
Heißa, heißa, hopsassa!
La la la ...
Hopsassa!
Schöner grüner,
Schöner grüner Jungfernkranz!
– – Mir wird schlecht. –
Hunger – Brot! Brot!
Liebste für'n Lumpengeld,
Ist doch 'ne elende Welt! –
O läg' ich tot ...!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Henckell, Karl. Gedichte. Buch des Kampfes. Die Dirne. Die Dirne. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-525E-C