15. Zaubergespräch Angantyrs und Hervors
Skaldisch
Aus Hickes Thesaur. lingu. Septentr. P. I. p. 193–95. der es aus der Hervarar Saga genommen. Fehler in dieser und andern Sprachen der Art, wo sie vorkommen sollten, werden bessere Kenner verzeihen, da sie dem Uebersezer kein Jahrelanges Studium haben seyn können, und diese alten Stücke selbst für eingebohrne Gelehrte Dunkelheiten haben.
HERVOR.
Erwach', Angantyr!
Es weckt dich Hervor,
Einige Tochter
Deiner Svafu;
Gib mir aus der Gruft
Das harte Schwert,
Das Swafurlama
Die Zwerge machten!
Hervardur! Hiovardur!
Hrani und Angantyr!
Ich weck' euch alle
Unter Baumes Wurzel,
Mit Helm und Panzer,
Und scharfem Schwert,
Mit Schild und Waffen
Und blutgem Speer! – –
Sind alle denn worden
Andgryms Söhne,
Die Gefahrenfrolocker,
Nun Asch' und Staub? – – –
Will keiner der Söhne
Eivors mir sprechen
Aus dem Todtenhain? – – –
[81] Hervardur, Hiovardur!
So seyd denn alle
In euren Rippen
Wie aufgehangen
Zum Würmer Fraß!
Oder gebt mir's Schwert,
Was Zwerg' und Geister
Zusammen geschmiedet,
Und den kostbarn Gurt – – –
Hervor, Tochter,
Wie rufst du so?
Voll Zauberstäbe,
Todte zu wecken!
Tolle Ruferin,
Wütig pochend
Dir selbst zum Weh!
Mich hat nicht Vater,
Nicht Freund begraben.
Zwei nahmen den Tyrfing,
Die nach mir lebten,
Und Einer hat ihn noch.
Sprichst nicht wahr!
So wahr dich Odin
In der Gruft hier hat,
Hast dus Schwert,
Vater Angantyr!
Und soll's nicht erben
Dein Einig Kind?
Ich sage dir, Hervor,
Was kommen wird!
Der Tyrfing mordet
(Kannst mir's glauben!)
Dein ganz Geschlecht! –
Doch sprechen die Todten:
[82] Ein Sohn nach dir
Soll haben den Tyrfing,
Und König seyn!
Ich zaubr', ich zaubr'
Euch Unruh zu!
Keiner der Todten
Soll rasten und ruhn,
Bis mir Angantyr
Den Tyrfing sende,
Den Eisenspalter,
Der Helme Tod!
Männliche Dirne,
Die also pocht!
Wandert um Gräber[.]
In Mitternacht,
Mit Zauberspeeren
Und Helm und Panzer,
Vor der Todtenhall'.
Ich hielt dich edel
Und wackern Mann,
Da ich ausging suchen
Der Todten Hall!
Gib mir aus der Gruft
Das Zwergegeschenk,
Den Panzerzerstörer!
Er taugt dir nichts.
Mir unter den Schultern
Liegt das Schwert,
Der Helme Mörder!
Brennt voll Feuer!
Kein Weib auf Erden,
Die's dörfte wagen,
Dies Schwert zu fassen –
[83]Ich aber fass' es
Und halt's in Händen,
Das scharfe Schwert,
Erhalt ichs nur.
Ich kanns nicht wähnen,
Daß Feuer brenne,
Das um die Gesichte
Der Todten spielt!
Wütige Hervor,
Du pochest toll;
Doch eh im Nu
Dich Flammen ergreifen,
Will ich dir reichen
Aus meinem Grabe,
Dirne! das Schwert,
Und bergen dir's nicht.
Wohl, o Vater,
Du Heldensohn!
Du willst mir reichen
Aus deinem Grabe,
König, das Schwert,
Mir schöner Geschenk,
Als jezt zu erben
Norwegen ganz!
Lügnerin, weist nicht,
Weß du dich freust.
Glaube mirs, Tochter,
Der Tyrfing mordet
All dein Geschlecht! –
Ich muß zurück
Zu den Meinen gehn;
Ich mag nicht länger
[84] Länger hier stehn.
Was kümmerts mich,
O König Freund,
Was meine Söhne
Nach mir beginnen?
So nimm's und hab's,
Der Helme Feind!
Hab's lang und brauch's!
Berühre die Schneiden,
In beiden ist Gift.
Ein grauser Würger
Der Menschensöhne!
Ich nehm's, und halte
Das Schwert in Händen,
Scharfes Schwert!
Geschenk vom Vater! –
Erschlagner Vater,
Ich fürchte nicht,
Was meine Söhne
Nach mir beginnen.
Leb wohl denn, Tochter!
Ich gab dir's Schwert,
Zwölf Männer Tod,
Wenn treu du's fassest
Mit Muth und Macht.
Es ist all das Gut,
Was Andgryms Söhne
Hinter sich liessen. –
So wohnet denn Alle
In euren Gräbern
In guter Ruh!
Ich muß von hier,
Muß von hier eilen;
[85] Mich dünkt, ich stehe,
Wo ringsum um mich
Feuer brennet. – – –