Die Natur
Erste Stimme.
Hast Du, hast Du nicht gesehn,
Wie sich Alles drängt zum Leben?
[44]Was nicht Baum kann werden,
Wird doch Blatt;
Was nicht Frucht kann werden,
Wird doch Keim.
Zweite Stimme.
Hast Du, hast Du nicht gesehn,
Wie von Leben Alles voll ist?
Schon im Blatt des Baumes
Hoher Bau,
Schon im Keim der Früchte
Volle Kraft.
Erste Stimme.
Reiche Fülle der Natur,
Labyrinth zu neuem Leben,
Kürzend tausend Wege
Tausendfach,
Ueberall belebend,
Allbelebt.
Zweite Stimme.
Lebend Weben der Natur,
Ew'ger Frühling junger Keime,
Wenn sie mir verwelken,
Starben sie?
Sind sie, mir verschwunden,
Nirgend mehr?
Beide Stimmen.
Nein, Ihr blühet, wo Ihr seid,
Hingelangt auf kurzem Wege,
Ihr, der großen Mutter
Lieblinge;
Ihre zartsten Sprossen
Welken früh.
Selig, selig, wo Ihr seid,
In des Ew'gen Paradiese,
Hier am Lebensbaume
Blüthen nur,
Dort am Lebensbaume
Früchte schon.
[45] Erste Stimme.
Mausoleum der Natur,
Wo der Tod zum Leben fördert.
Dieser Keim ward Pflanze,
Als er starb,
Jene Menschenpflanze
Genius.
Zweite Stimme.
Selig, selig, der ich bin
In der Welt voll Leben Gottes!
Meine Adern wallen
Seinen Strom;
Meine Seele trinket
Gottes Licht.
Beide Stimmen.
Empyreum der Natur,
Wo einst Alles sich belebet!
Alle Kräfte, Gottes
Feuerstrahl,
Alle Seelen, Gottes
Lebenslicht.