Heyraths-Gedancken
C.H.v.H.
Sol denn die traurigkeit den gantzen geist beschlüssen
Und die gewünschte zeit samt aller lust verflüssen?
Sol denn die einsamkeit/ o meisterin der pein!
Des hauses bester schatz/ des bettes zierrath seyn?
Nein/ nein/ es müssen nicht die sehnen müßig liegen/
Es soll das alter hier nicht ohne zeugen siegen.
Es ist gut einsam seyn/ wenn schnee das haupt bedeckt/
Ein winter-kaltes eyß uns in den lenden steckt.
Und uns der zeiten zahn die besten adern rühret.
Wer sonnen-heisse glut noch in den sehnen führet/
Der tret in zuversicht ein gleiches wesen an/
So glut zu halten weiß/ und glut erregen kan.
Ist doch in dieser stadt noch wohl ein bild zu finden/
So die aus Cypern kan mit schönheit überwinden/
Bey welcher der corall den süssen mund bedeckt/
Ja selbst der sonnen krafft in beyden augen steckt/
Von welcher lippen nichts als amber-tropffen fallen;
So schnee auff ihrer brust vermischet mit corallen.
Und welcher mit verdienst das hohe lob gebührt/
Daß sie den schwanen selbst die farbe hat entführt.
Das ist ein zeitvertreib/ so die erwehlen sollen/
Die in der sterbligkeit mit recht verfahren wollen.
Must alles fleisch gepaart in Noens kasten gehn/
Wie will man ungepaart in dieser welt bestehn?