[269] Das vor dem berühmte Hochgräfl. Gleichische Freuden-nunmehro Trauer- und Thränen-Thal/Bey dem Hochseeligen Hintritt des Hochgebohrnen Graffen und Herrn/ Herrn Sebastian von Hatsfeld und Gleichen

Wenn von Bergen nichts als Blitz und Strahlen schiessen/
Wenn oben her auf uns der Grimm der Wolcken knalt/ 1
Wenn Thiere sich zum Schutz in Thäler drauf verschliessen/
Was Wunders/ sucht der Mensch auch gleichen Auffenthalt.
Auff Höhen steigt man nicht/ wenn Unglücks-Pfeile spielen;
Die Berge decken offt Verfolgte/ wie ein Schild;
Die Hertzen seufzen tief/ die tiefe Wunden fühlen/
Und Wasser kühlet mehr/ das in den Thälern qvillt.
So suchten wir das Thal/ das Hohe 2 vor beglücket/
Und dachten an die Noth/ die hier die Herrschafft drücket.
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Wir saßen nah an dem/ wo Ecbert 3 sonst gesessen/
Und unser Seuffzen war: Uhraltes Helden-Hauß/
Du hast dem großen Carl 4 den Ursprung beyzumessen.
Zwar starb dein hoher Stamm/ jedoch dein Ruhm nicht aus.
Zum Preiß der Tapfferkeit bist du an Hatsfeld 5 kommen/
Der/ weil er dich verdient/ mehr als ein Erbherr war.
Durch sein Geschlecht hat noch dein Glantz nicht abgenommen/
Der Strohm davon ist rein/ so/ wie die Ovelle klar.
Und Hatsfelds hohes Blut erweist in allen Dingen/
Wie Erb- und Tugend-Recht der Herrschafft Würde bringen.
Wie aber/ großes Hauß/ das Ehr und Tugend zieret/
Geht unsre Wohlfahrt denn bey deiner Klarheit ein?
Muß wenn Unsterblichkeit dich an die Sternen führet/
In deinen Landen hier das Glücke sterblich seyn?
Die Rücken bluten noch/ die Nordens-Last getragen/
Und neue folgen drauff; die Aertzte helffen nicht/
Und wollen Galtz dazu in offne Wunden schlagen.
Ach scheine wiederum du höchst gewünschtes Licht/
Daß unsre Herrschafft bald in unsern Gräntzen lache/
Und Freuden-Thal so neu an Huld und Freuden mache.
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Die Seuffzer ließ das Land durch uns ins ferne schicken/
Und hoffte/ weil doch nie der Himmel ewig blitzt/
Einst wieder auf die Nacht Auroren zu erblicken/
Den Atlas bald zu sehn/ der ihre Wohlfahrt stützt.
Wie Spreu an Diamant/ wie der Magnet nach Norden/
Wie offt bey schlimmer Zeit betrübter Römer Sinn
Nach einem Titus ist gebückt gezogen worden:
So offt und mehrmahls noch gieng aller Wunsch dahin/
Den gütigen August, die Krone hoher Frauen/
Die kluge Livia, zusammen hier zu schauen.
Wie Himmel/ kommen sie? Ach welche Post erschallet!
Welch Mord-Geschrey ist das? der liebe Graf ist todt!
Ists möglich/ das noch Blut in unsern Adern wallet?
Erstarret nicht die Hand/ erstickt uns nicht die Noth?
Der liebe Graf ist hin! der gütge Herr erblasset!
Leutseelig von Gemüth/ erlaucht von Wissenschafft.
Der unser Wohl geliebt/ wie unsre Noth gehasset/
Der Nestors Jahre wehrt/ wird zeitlich hingerafft!
Kurtz: unser Vater stirbt/ wir Kinder müssen leben/
Und bey so vieler Ovaal im Wäysen Elend schweben.
Laß/ Hochgebohrne Frau/ in Gnaden dir gefallen/
Daß bey dem großem Creutz/ so deine Seele rührt/
Erst Knechte von Verlust des theuren Herren lallen;
Die Ordnung wird nicht stets bey bittrem Sechmertz geführt.
Wir wissen/ und die Welt muß noch in Marmor ätzen/
Daß Eure Liebe starck wie Palmen Liebe war/
Daß Ulmen sich so sehr an Reben nicht ergetzen/
Als Euer Perlen Schmuck der Liebe/ Lust gebahr.
Ihr waret Sonn und Mond/ dabey die Worte stunden:
Aus beyder Einfluß hat das Land sein Heyl gefunden.
Nun reißt die Helsste Gott anitzt von deinem Hertzen?
Dein' Augen-Lust ist hin! dein Graf und Herr erblicht!
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Was Artemisia, was Portia vor Schmertzen
Nach des Gemahls Verlust in ihrer Brust erreicht/
Die haben auch dein Hertz/ Hochtraurende/ bestritten/
Und deine güldne Treu wird durch die Glut bewährt.
Wenn jener Vater hat zu großes Leid erlitten/
Und drum ein schwartzes Tuch vor sein Gesicht begehrt:
So nahm auch dein Gesicht vor allzu vielen Jammer/
Der Thränen Decke vor/ und weint in einer Kammer.
Erbärmlichs Freuden-Thal! von Jammer schwangre Wiesen!
Ihr Blätter/ die die Furcht an Bäumen zitternd macht!
Ihr Auen/die die Fluth der Thränen soll befliessen/
Ihr Kräuter/ die itzt Gifft vor Artzeney gebracht!
Verhüllet euren Schmuck/ legt eure Kräntze nieder/
Der May stell anderwerts sich mit Bezaubrung ein.
In unser Hertz und Land kehrt itzt der Winter wieder.
Die schönste Zeit des Jahrs muß uns die schlimste seyn/
Drum gehe Freuden-Thal berühmt von deinen Freuden.
Und frage/ was du wirst hinführo müssen leiden?
Ein Leiden/ ohne Zahl! O Wechsel aller Sachen!
Fünf hundert Jahre sind/ da man dich hat erbaut/
Da Treu und Liebe dich zum steten Zeugen machen/
Daß Ludewig sein Hertz da wieder angeschaut.
Vor Freuden wurdest du ein Freuden-Thal genennet.
Und ietzo bist du noch der Gräfin Cammer Guth.
Ach aber weist du nicht/ wer sich von Ihr getrennet?
Aus Cammer/ Hoff und Arm/ die treue Liebes Glut.
Drum heiße Thränen-Thal. Ihr Hertz wird nun vermieden/
Und Graf und Gräfin sind höchst-schmertzlich hier geschieden.
Wenn von den Bergen wir nun dieses Thal erblicken:
So komt uns Grauen/ Angst und bittres Klagen an.
Doch wenn wir unten auf das Aug' ins Hohe schicken:
So deucht uns/ sehen wir die Wort am Himmels-Plan:
Armseelge/ die im Thal des vollen Unglücks schweben/
In tieffster Traurigkeit/ betrübt von Gott und Welt/
[273]
Nehmt dieses noch zum Trost: Gott und die Gräfin leben/
Die als Elisabeth 6 das Scepter klug erhält.
Zwar last euch Traurens-voll bey diesen Sturm und Winden/
Doch unter unserm Schirm nicht in Verzweiflung finden.
Wir wolten auch den Trost/ vor unsre Gräfin wissen/
Schweigt/ sprach der Himmel drauf/ es krönt ihr edles Blut/
Das einen Chur-Fürst kan als Anverwandten grüssen/
In diesem Creutze sich mit Himmel gleichen Muth.
Die Sara von Gedult/ und Hanna in dem Beten/
Abigail im Geist/ und Ruth an Tugend ist/
Braucht nicht/ daß niedrige beym Himmel vertreten/
Mit Gottgelassenheit ist Sie schon ausgerüst.
Sie wird des Grafens Heyl aus Liebe nicht beneiden/
Er flieht das Trauer-Thal/ und komt ins Schloß der Freuden.
Gedult und Hoffnung hieß hier unsre Thränen stillen.
Nun Hochgebohrnes Hauß/ der Himmel wolle dich
Mit grauer Ewigkeit an Ruhm und Flohr erfüllen.
In deinen Tugend Strohm ergieß das Glücke sich.
Und wie dein Christen Muth dein schweres Creutz bezwinget/
So müssest du hinfort an hohen Wohlseyn blühn.
Weil aber uns ein Thal des Elends noch umringet/
So laß auf uns das Heyl von deinen Bergen ziehn/
Und Wasser/ so dir Gott einst läst zum Trost geniessen/
Zu der Erqvickung auch auf trockne Thäler fliessen.

Fußnoten

1 Die schwedischen und andere Unruhen/ waren theils noch im Lande/ theils im Gedächtnisse.

2 Als Anno 1240 Graff Ludwig von Gleichen/ aus dem Kriege der Saracenen mit einer/ auff Dispensation des Pabstes/ ihm vermählten vornehmen Türckischen Prinzeßin anlangete/ und ihn seine vorige Gemahlin/ eine Gräfin von Kefernburg/ dessen ohngeachtet/ liebreich in dieser Gegend empfieng/ soll zum Gedächtniß das Gebäude/ so an dem Schlosse Gleichen lieget/ aufgerichtet/ und Freuden-Thal genennet worden seyn.

3 Anno 1089. besaß das Schloß Gleichen der Thüringische Marggrasse Ecbert.

4 Daß Käyser Carl der große/ Gleichen zur Erb-Grafschafft gemacht/ videatur Mylerus in Arch. c. 8. n. 2. illustris Thomasius in annot. ad Monzambano.

5 Nach Absterben Graffen Hauß Ludwigs von Gleichen/ bekamen die tapffere Hn. Graffen von Hatsfeld/die Herrschafft Gleichen etc. etc. wie denn Mekhior und Hermann von Hatsfeld/ etc. Käyserl. Cämmerer/geheimer Rath/ General-Feld-Marschall/ wie auch Reichs Hoff-Rath und Obriste/ als Reichs-Grafen/dem Reichs-Tage beygewohnet. Reichs-Abschied zu Regenspurg 1654.

6 In Engelland.

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TextGrid Repository (2012). Hunold, Christian Friedrich. Gedichte. Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte. Lob- und Trauer-Gedichte. Das vor dem berühmte Hochgräfl.. Das vor dem berühmte Hochgräfl.. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-873B-4