[224] Glückwünschungs-Gedichte

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An den Herrn geheimden Rath Stryk uber die Vermählung des Hn. Hoff-Rath Stryken mit Tit. Jungfer Uffelmannin

Die Musen, die Vergnügt und mit Ergebenheit
Auf ihren großen Stryk/ ihr Geist auf seine Schrifften/
Ihr Hertz gen Himmel sieht/ und da den Weyrauch streut/
Daß Gott ein ewig Hauß den Seinen möge stifften/
Betrachteten den Stand/ in dem sein theurer Sohn
Viel kluge Kinder zeugt/ doch keine Leibes Erben/
Und klagten: Trägt der Preiß Gelehrter diß davon/
Zu leben nur in uns/ und selbst in sich zu sterben!
Wenn Solon, Balduin, wenn Paulus, Ulpian,
Noch mehr/ wenn unser Stryk in Büchern gleich gebauet/
Was die gelehrte Welt nie satt erlernen kan/
Die auch im Tod auf Ihn/ als ihr Oracul schauet:
So sind wir doch betrübt/ wenn sein Gedächtniß nicht/
Die Seele/ welche nur wird ihres gleichen zeugen/
Vermittelst durch den Sohn in weitre Zweige bricht/
Und Stryken aus der Krafft der Stryken wieder steigen.
Die Tugend/ welche zwar den Musen anverwandt/
Doch immer auf den Geist/ der ewig lebet/ siehet/
Allein des Leibes-Lust/ der Liebe süssen Brand/
Als ein gefährlich Meer entflammter Seelen fliehet/
Verwarf der Musen Wunsch/ und sprach: kein Mensch erweißt/
Daß Stryk nicht fort gepflantzt. Wer vor Glückseligkeiten/
Damit der große Mann euch und die Nachwelt speißt/
Statt danckens sich beklagt/ hat Tugend nicht zur Seiten.
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Was wolt ihr mehr von Ihm? mehr Erben sprechet ihr;
Und derer sind so viel/ als würdig ihn gehöret.
Stellt seine Bücher euch als lauter Kinder für/
Die einst die Nachwelt noch vor ihre Väter ehret.
Daß durch die Barbarey/ daß durch der Feinde Wuht
Nach der Verheerung auch Athen in uns noch lebet;
Daß Griechen-Land nach Mord und viel vergoßnem Blut
Noch als ein freyer Marckt der Künste vor uns schwebet;
Machts/ daß ein Solon hat auf Leibes-Frucht gezielt?
Daß Plato, Socrates auf Kinder sich beflissen?
Mit denen hätt' ihr Feind/ wie mit der Stadt gespielt/
Und ihre Väter auch in Staub und Tod gerissen.
So aber leben sie durch ihres Geistes Krafft;
In Büchern die umsonst die Barbarey bestritten.
Wer glaubet/ daß ein Weib die Ewigkeit verschafft/
Der hat den rechten Sporn der Tugend nicht gelitten.
In Schrifften lebt mein Stryk/ und in dem theuren Sohn.
Sein theurer Sohn durch ihn/ und in gelehrten Leuten.
Wenn die die Zeit begräbt/ so wird man Phœbus Thron
So wird man selbst der Welt ein Grabmahl zubereiten.
Herr Hoffrath Stryck vernahm den Streit von bey den wohl.
Sein Eyfer brand in Ihm/ den Büchern obzuliegen.
Mit seinem Nahmen gieng sein Hertz zum Sternen Pol/
Nichts aber schien Ihn mehr auf Erden zu vergnügen.
Darum so siel er auch der strengen Tugend bey/
Und suchte zwar durch sich des Vaters Aehnlichkeiten/
So wie die Trauben dort des Zeuxis Mahlerey/
Doch nicht durch eine Frau lebhafftig auszubreiten.
Die Pallas, Gratien und Amor suchten Ihn
Auf aller Musen Wunsch von diesem Schluß zu lencken.
Er nahm sie willig auf/ nur Amor muste fliehn/
Ihr bitten war umsonst/ ihr einen Blick zu schencken.
Wenn/ sieng der Pallas Mund nebst ihren Schwestern an/
Ein Hochberühmter Sohn des Vaters Ehren Wagen
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In unverdroßnen Fleiß biß zu der Sternen-Bahn
Durch Tyger-schnellen Lauf will folgen und erjagen/
So deucht uns/ es besteht nicht die Unsterblichkeit
In dem/ daß vor der Zeit ich dieser Welt absterbe;
Zu treiben allzusehr/ was mir den Geist zerstreut;
Hingegen nicht zu thun/ wodurch ich Krafft erwerbe.
Das ist/ Hochwehrter Stryk/ du liebst die Ruhe nicht/
Die auf die Arbeits-Last kan Stärckungs Balsam geben/
Die der gelehrten Welt so viele Krafft verspricht/
So viel ein schwacher kriegt von wahren Nectar-Reben.
Wer ohne Wissenschafft zwar immer müßig ist/
Hat sich und seinen Ruhm schon lebend eingegraben;
Doch wen die Arbeit offt/ die Ruhe selten grüßt/
Bey dem will Leib und Geist bald ein Begräbniß haben.
Viermahl verändert sich in einem Jahr die Zeit;
Und ein Gelehrter muß im Sommer seiner Strahlen
Zuweilen sein Gemüth in reiner Freudigkeit/
Wie Flora ihren Lentz mit frischen Blumen mahlen.
Will der nun eingesperrt/ und eingekerckert seyn/
Der gleichwohl sich zum Ruhm so weit gereißt gewesen?
Weiß zur Veränderung mein Stryk denn gantz allein
In Teutschland keinen Ort/ der trefflich auszulesen?
Hierauf schlug Pallas Ihm das große Hamburg vor;
Das auch der theure Mann vor andern hat erwehlet.
Doch Amor gieng voraus: es rief der Musen-Chor:
Ach/ daß Ihn wiederum der Liebe Macht beseelet!
Ja/ gab die Liebe drauf/ es wird des Himmels-Hand
Durch mich die keusche Glut/ der Reinsten Ihr empfinden/
Der ersten Menschen Trieb/ des Paradieses Brand
In kurtzen wiederum in seiner Brust entzünden.
Nach Hamburg geht mein Stryk/ und da ist schon erkiest/
Was sein Gemüthe wird/ wie seine Sinnen rühren/
Und/ wenn sein Augenstrahl nun solches in sich schließt/
Der reinen Liebe Werth Ihm dann zu Hertzen führen.
Die Uffelmannin ist mehr Tugendhafft als schön/
Und schön/ als ob Sie nur an Schönheit hoch zu schätzen.
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Durch diese soll sein Geist bald überzeugt gestehn:
Daß holde Frauen auch Gelehrter Krafft ersetzen;
Daß ehe man die Burg der Ewigkeit ersteigt/
Uns frische Geister offt am Wege stärcken müssen;
Und mancher Weise sich so störrisch nicht erzeigt/
Wenn manchmahl sein Geblüt sich können so versüssen;
Daß/ wenn man durch den Kiel gleich fortgepflantzet wird/
Ein süsser Trost doch sey/ wenn wir durch edle Frauen
Der Seelen Wanderung/ wovon Pythagor irrt/
In ächten Kindern auch zugleich behauptet schauen.
Da nun Herr Hoffrath Stryk die Hammons-Burg er blickt
Hat Amor in Gestalt der Uffelmannin Augen
Ihm seinen Geist gerührt/ sein Hertze so entzückt/
Als ob Er bloß aus Ihr sein Leben müsse saugen.
Die Tugend/ die sich erst der Liebe wiedersetzt/
Rief: Unvergleichliche/ dir gönn' ich das Vergnügen.
Bestricke meinen Stryk; wer saget wohl zuletzt:
Ob Schönheit/ oder ich in dir am meisten siegen?
Die Ehe/ welche nur der Sternen Rath beschließt/
Durch deren Schluß diß Paar einander ist gewogen/
Durch die in ihr Gemüth ein gleiches Wollen fließt/
Ward in erwünschtem Glück und höchster Lust vollzogen.
In aller Musen Brust entstund ein Jubel-Fest/
Der Himmel wünschten sie/ schenck Euch so vielen Seegen/
Euch letze/ trefflichs Paar/ so offt ein Anmuths-West/
Als Seufzer sich in uns vor unsre Stryken regen;
Du großer Stryk vor dich/ Gott möge lange Zeit
Dir Krafft zu unserm Heil/ dem Sohn die Gnad erzeigen/
Daß sich dein Saame noch so vieler Erben freut/
Als kluge Kinder dir aus deiner Stirne steigen.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Hunold, Christian Friedrich. Gedichte. Academische Nebenstunden allerhand neuer Gedichte. Glückwünschungs-Gedichte. An den Herrn geheimden Rath Stryk. An den Herrn geheimden Rath Stryk. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-88D6-B