[109] [3]1. Die Macht des Menschen
Euch alle soll der Mensch regieren,
Sprach einst Prometheus zu den Thieren,
Der Mensch, das Werk von meiner Hand.
Wie? ließen sie sich trotzig hören,
Gebeut was Größers uns zu ehren,
Der Mensch wird nicht von uns erkannt.
Dieß Wesen ohne Kraft und Waffen,
Dieß hast du uns zum Herrn erschaffen?
So fragt der Leue schon ergrimmt:
Dann will ich seine Herrschaft schauen,
Wenn er, zerfleischt von meinen Klauen,
In seinem Blute vor mir schwimmt.
Ich? sprach der Adler, soll ihm nützen?
Auf Gemsen nie erstiegnen Spitzen
Wird ihm mein Wohnhaus wohl entdeckt?
Wodurch denn will er mich bezwingen?
Der kühne Flug von meinen Schwingen
Geht höher, als sein Blick sich streckt.
Mir, schloß der Wallfisch, zu gebieten?
Soll er, wo Frost und Wellen wüthen,
Mir mehr, als beyde, furchtbar seyn?
Nein, Heerden von dergleichen Thieren
Will ich, mein Schwanz darf sie nur rühren,
Zerschmettert in das Meer zerstreun.
[3]Wißt, hat sie drauf der Gott belehret,
Schwach, unbeflügelt, unbewehret
Ist er doch mächtiger, als ihr.
Was mehr, als Stärke, Flug und Waffen,
Wird ihm nur eine Kraft verschaffen,
Und diese Kraft besitzt kein Thier.
Dann trotz' ein Löw' auf seine Klauen,
Wenn er, durch schärfern Stahl zerhauen,
Vor ihm in seinem Blute liegt.
Dann wird der Adler ihm enteilen,
Wenn durch die Luft auf schnellern Pfeilen
Der Tod unfehlbar nach ihm fliegt.
Du wüthest nur, um mehr zu bluten,
Belebtes Eyland kalter Fluthen,
Wenn dich sein kühner Schuß verletzt
Vor Menschen wird der Stolz entweichen,
Die selbst der Rest von ihres gleichen
Verächtlich, fast zu Thieren setzt.
1Die Kraft, durch die ihm wird gelingen,
Luft, Erd' und Wasser zu bezwingen,
Die bleibt euch ewig unbekannt.
Zu bald nur wird sie euch zum Schrecken
Durch ihre Wirkung sich entdecken,
Den Namen hört: sie heißt Verstand.