Tod und Dichter
Tod
Deiner bunten Blasen Kinderfreude
Hängt und bricht an meiner Sensenschneide,
Wirf zur Seite nunmehr Rohr und Schaum,
Mache dich auf – aus ist der Traum!
Dichter
Halte weg die Sense! Lasse steigen
Meiner Irisbälle bunten Tanz!
Tod
Schon an meinem Schädel platzt der Reigen,
Und ein Ende nimmt der Firlefanz!
Dichter
Laß! ich will dich als das Beste preisen,
Trost und Labsal alles Menschentumes!
[371] Tod
Nicht bedarf ich Schrecklicher des Ruhmes;
Spare deine falschen Schmeichelweisen!
Dichter
Weh, noch schuld ich manche schöne Pflichten!
Tod
Reif genug schon bist du den Gerichten!
Dichter
Doch die lieblichste der Dichtersünden
Laßt nicht büßen mich, der sie gepflegt:
Süße Frauenbilder zu erfinden,
Wie die bittre Erde sie nicht hegt!
Tod
Warum hast du solchen Spaß getrieben,
Schemen zu ersinnen und zu lieben?
Dichter
Sind sie nicht auf diesem kleinen Sterne,
Blühn sie doch wo in der Weltenferne,
Blut von meinem Blute; zu verderben
Bin ich nicht, eh jene sterben!
Tod
Ei, da fahr ich hin, sie wegzumähen,
Und sie müssen gleich mit dir vergehen!
Dichter
Hui! da fährt er hin ins Unermeßne,
Und ich bin der glückliche Vergeßne,
Spiele weiter in des Lebens Fluten,
Bis er findet jene schönen Guten!