Nikolai

Unabsehbar auf der Steppe lieget nah und lieget ferne
Ohne Ton die Himmelsglocke, sonder Farbe, sonder Sterne.
Unaufhörlich Schneegestöber niederweht auf Dorn und Steine,
Deckend in den Wagengleisen bleiche polnische Gebeine.
Horch, was sauset im Galoppe wie ein Geisterzug vorüber?
Langgestreckt schwirrt an der Erde eine wilde Jagd hinüber.
Mäntel flattern, Reiter flogen, bärt'ge Reiter windgetragen,
Rings umschwebt von ihren Lanzen ohne Räder glitt ein Wagen.
Leise zittert noch die Heide; doch dann wird es stille wieder,
Nur der Schnee in weißen Flocken fällt mit stummer Last hernieder.
Und ein Rabe sitzt im Dorne, rauscht empor und krächzet heiser
Durch die ausgestorbnen Lüfte: »Russenkaiser! Russenkaiser!«
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Widerhallt es in den Höhen, und die grauen Lüfte sprechen,
Wie mich dünkt, mit kaltem Hauche: »Wie ein Rohr wird er zerbrechen!«

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Keller, Gottfried. Gedichte. Gesammelte Gedichte. Vermischte Gedichte. Nikolai. Nikolai. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-9A8D-F