[202]

HochEdle/ Ehrenveste/ Fürsichtige/ Hoch- und Wolweise/ insonders großgünstige/ hochgeehrte Herren

In Sprüchwörtern Salomons haben Ihre HochAdel: Herrlichkeit zum öfftern gelesen/ daß der/ welcher einen Stein auf den Rabenstein werfe/ sich vergeblichen bearbeite. In Erläuterung dieser verblümten Rede haben die Ausleger jederzeit die Köpfe sehr zerbrochen/ und scheinet/ als hätten sie auch mehrerntheils einen Stein auf den Rabenstein geworfen.

In der Edlen Grundsprache heist der Stein ןבא, welches etzliche von einem Schleuderstein/ andere von einer Perle/ andere von einem Schirbel/ andere von einem Rechenpfennige/ andere von einem Gassensteine auslegen.

Der Ort oder das Ziel/ worinnen diese Verrichtungen ihre Endschafft erreichet/ heist המגרמ, welches Wort/ weil es nur einmal in der Bibel/ viel Meinungen erreget/ etzliche legen es aus von einer Schleuder/LXX σφενδόνη, andere von einem Haufen Perlen/ etzliche von einem Purpur/ andere/ wie Lutherus, von einem Rabenstein/ andere von einem gemeinen Bruch- oder Bausteine.

Den Ausschlag in so vielfältigen Erklärungen zu geben/ ist dieses Orts nicht.

Die beste scheinet diese zu seyn/ daß המגרמ heisse eine Wegseule. Es waren aber bey denen Alten dem Weggotte (Mercurius) [203] zu Ehren steinerne und hültzerne Seulen aufgerichtet/ aldieweil sie darvorhielten/ daß der jenige bey dem Mercur dem Gott der Strassen in höchste Vngnade käme/ der einen Irrenden nicht wieder auf den rechten Weg brächte. Mercur aber war der Gott/ wie Cluverius darthut/ den die Teutschen Teut genennt. Dahero Goropius Becanus in die Gedanken geräht/ als wenn Margemah der eigentliche Name des Mercurs were und so viel hiesse als Markungmann/ Markrichter oder Grentzfürst/ wie sie Wehnerus nennet. Wiewoln ihn deßwegen Seldenus in dem Buch von Syrischen Göttern zimlich hönisch hält.

Dieser Gottesdienst sol von dem Mercur selbsten entstanden seyn/ als er vor denen Göttern wegen des ümgebrachten Argus von der Juno zu Rede gesetzt worden/ habe er sich mit des Jupiters Befehlich entschuldiget/ und also loßgesprochen worden/ da hätten die Richter/ nach Brauch des himmlischen Gerichts/die Steine zu seinen Füssen geworfen/ welches die Menschen auf Erden nachgethan/ und was sie für Steine inmitten des Weges gefunden/ an seine Seule geworfen/ welche sie ἑρμαίους λόφους, Mercurs Steinhaufen genennet.

Diese Götzen hat Carl der Grosse/ als er die Sachsen bezwungen und zum Christlichen Glauben gebracht/ niedergerissen/ und an Statt derselben das Zeichen des heiligen Creutzes auf denen Wegscheiden und Landstrassen aufgerichtet/ damit die Ehre des Creutzes/ an welchem unser Heil gehangen/ befördert würde.

Eusebius, Chrysostomus und auch der Kaiser Justinian haben vor rahtsam gehalten/ die Creutze an die Wege und in die Wälder zu stellen.

Ob nun wol die Heydenbilder abgeworfen worden/so ist dennoch der Gebrauch verblieben/ daß man an solche Grentzseulen Steine geworfen/ nicht zwar zu Ehren des Creutzes/ sondern entweder die Wege zu saubern/ oder daß die Reisenden vergewissert würden/ sie weren auf der rechten Landstrasse und wie viel sie von dem Wege hintersich gebracht.

Dergleichen sind auch meiner Wenigkeit zu Gesichte kommen/ [204] als ich diese HochAdel: Neronsburg erblikket/ massen ich/ durch deroselben Pflege und Wälder reisend/ vielfältig betrachtet.

Wie ich mich bisanhero in Ihrer HochAdel: Herrlichkeit wolverwahrten Ringmauer aufgehalten und darinnen meines Studirens abgewartet/ mir durch die Poeterey verhoffentlich viel Schutzherren und Beförderer gemacht. Als meinet ich/ es würde Ihrer HochAdel: Herrlichk: nicht zuentgegen seyn/ wann ich ihnen allerseits/ als welchen das Land unnd die Wälder anvertrauet/ dieses Gedichte von dem Creutzbaum unsers Erlösers überreichete.

Hierzu hat mich angefrischet Ihrer HochAdel: Herrlichk: Beliebung/ so sie zum Creutze tragen/ in dem sie theils selber die heilige Länder durchreiset/ alle aber bey dem gecreutzigten Christus ihre Wolfahrt suchen.

Zwar soll ich die Warheit sagen/ so ist das Werk an ihm selbsten menschlich/ aber der Inhalt Göttlich. Die Geschicht unsers Heils heilet unsre Fehler. Das Creutz des Weges ist die rechte Wegseule/ die uns zum Himmel leitet und durch diß Jammerthal hindurchführet.

Der leidende Gott wolle das Land vor Leid/ den Wald vor Nam und Brand behüten/ derselbe wolle auch von Ihr HochAdel: Herrlichk: alles Creutz und Leiden bey diesem beharlichen Jammerkriege abwenden/ welches Ihr HochAdel: Herrlichk: wünschet/ nebenst Empfelung Göttliches Schutzes/


Gegeben am 16. Tag des Blumenmonats/ Im Jahre 1645.


Ihr HochAdel: Herrlichk: in Vnterthänigkeit dienstergebener Johann Klaj.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Rechtsinhaber*in
TextGrid

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Klaj, Johann. Gedichte. Redeoratorien. Der leidende Christus. HochEdle, Ehrenveste, Fürsichtige, Hoch- und Wolweise. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-AF8E-C