Der 12. (87.) Kühlpsalm
Als er in ansehung der Apapischen greuel ergrimmt, an den Frantzenkönig, Ludewig den XIV. geschriben hatte: Sei du mein Pharao, ich dein Joseph; sei du mein Nebucadnezar, ich dein Daniel: zu Gott fünff tage nach des Brifes absendung, geseufftzet, nach der Jerusalemschen Geistreise in Alcair, den 20 Aug. 1682.
1.
O GötterGott, der du mich hast gesand!
Steh auf vor mich, und nihm mich bei der hand!
Wirf unter mich der Heiden trutz!
Sei bei den Königen mein schutz!
Entthüre mir di Staatspalläste!
Entthore Mausims stoltze feste!
Geh her vor mir! Durchebne Berg und thal!
Bereite Alls zum grossen Abendmahl!
Dein heimlich Schatz sei wesentlich gegeben!
Di stund ist da dein wunder anzuheben!
2.
Herr Tsebaoth, der du auf Jesus bitt
Durch Jesum mich geruffen voller gütt!
Ich ward durch Jesu kreutz versöhnt,
Eh mir dein Adem noch verlehnt!
Ich ward von dir schon ausgerüstet,
Eh Muttermilch mir noch gelüstet.
Du sprachst hirvon zum Auf- und Nidergang,
Als kaum der Baum aus dem Weltsamen drang.
[150]Ost, Sud, West, Nord müss itz dein werk erfahren!
Ost, Sud, West, Nord vermehre deine scharen!
3.
Dreieinger Geist, ohn deme gäntzlich nichts!
Du Allesall des LichtLichteslichts!
Du bists allein, du Guttsguttsgutt! 1475
Jehovah, der dis alles thut!
Der du aus nacht das taglicht scheidest!
Der du vom tag das Nachtlicht kleidest!
O einges Eins, aus dem doch zwei entspringt,
Wann das Geschöpff mit seinem Schöpffer ringt!
O einges Eins, in dem doch zwei vereinet,
Wann das Geschöpff in seinem Schöpffer scheinet!
4.
O PrintzenPrintz! Hir sinkt in dich dein knecht!
Du thusts allein! dein waristwird dis Recht!
Dein war der thon, den du ausbildst!
Dein ist di form, di du durchgüldst!
Dein wird, war, ist zum leben, sterben!
Was hadert nun mit dir dein scherben?
Dein war, was war! Du säst seel, geist und leib!
Dein ist, was ist, der Mann mit seinem weib!
Dir wird, was wird, eh es noch wird gebohren!
Was zankt di welt, das ich dir auserkohren?
5.
Höchstheiligster in deinem Jesuel!
Du meister du! Er ist nur dein Gestell!
Ich bin dein kind, dein Eigenwerk!
Ich fodre nur von dir mein merk!
Ich wil dein Volk zu dir nur weisen,
Und dich um dich durch dich nur preisen!
Du schuffst di Erd und deinen Menschen drauf!
Du schuffst den Pol und ordnest dessen lauf!
Du schuffst mich dir und lissest dir mich werden!
Was toben nun di Mächtigen der Erden?
6.
Du hast gezeigt den Königen schon früh
Di sibenzahl der fett und magern küh!
Es ist kein Mann, der dis auslegt,
[151]Bis aller Erdkreis weggefegt!
Du hast gewisen den Monarchen
Schon längst den Kaiserstein der Archen,
Der auf das bild nun dräuet seinen schlag!
Es ist kein Mann, der solches deuten mag.
Du bists, mein Gort, der deinen Geist verleihet,
Damit di welt nicht werde gantz zerstreuet.
7.
Du salbtest längst durch deines Drabitzs wort,
Den Frantzen Printz an Leopoldens Ort!
Du sprachst zu ihm nach alter art,
Di vormahls den Propheten ward!
Du zeigtest ihm des Saules spigel
An vir Ragotzer unglükkszügel!
Du grösserst ihn, das gantz Europ erstarrt,
Und dräust ihm hoch, wo er Ragotzisch harrt!
Du dräust imehr, imehr er dir erlesen,
Und sprichst von ihm, als anderm, der gewesen.
8.
Du salbtest ihn, das er ein Cyrus würd,
Und deinem Volk wegnehme Romes bürd;
Das er abwürffe Babels last
Mit allem, was dir ist verhasst;
Das er aufricht das Reich der Franken,
Das Freiheitsreich in Teutes schranken;
Das Franke Reich im Teutes land und dinst,
Wo Gottesfurcht der Printzen hauptgewinst.
Drum gabstdu ihm di Kaiserliche Krone
Mit des Madrils dir längst verworffnem throne.
9.
O GötterGott! Wi ward dein Geist geschertzt?
Wi wenig hat dein König dis behertzt?
Ob er dem Drabitz erst geneigt,
Und seelig rif, di ihn geseugt;
Doch ward er (leider!) strakks ein ander,
Versöhnt dem sibnem Alexander!
Wi hefftig ward, was du verbotst, gelibt?
Was frevel nicht stat deines worts verübt?
[152]Jerusalem des Hollands ward recht inne,
Das Ludwig hab Nebucadnezars sinne.
10.
Stig einst sein stoltz vor deinen heilgen stuhl,
So steigt er nun aus Kohlmanns Römschen pfuhl.
Zum fünfftem Reich nach Spanschen trug
Ist auch der Frantze Hof heut klug.
Er zwängt und drängt und unterschreibet,
Was Christi Frankreich rükkwärts treibet.
Dein Frankreich wird durch Frankreich ein ungeheur,
Das Freiheit nun, di Allerchristlich, theur.
Plesur und will im überstoltzem stutzen
Ist nun vor Gott sich allerchristlich putzen.
11.
Wahr ist, dein Volk hat dise straf verdint,
Das Lissen gleich ihr Frankreich werd entgrünt.
Hir ward Christin ein lachgespött:
Dort schlif Christin in Romes bett.
Spilt Fridrichs Sohn, der Churfürst, milder
Mit seiner Tochter Romes bilder?
Doch Esau hat sein vorrecht mir verkaufft,
Das Salomon den Herbert grundwerts laufft.
Spilt Ludovic, di Fridrichs-Tochter, minder?
Doch Ludovic kam unter Fridrichs kinder.
12.
Wi reitzt nicht Genf in Kühlmann deine krafft?
Selbst Rath und Stadt hegt Kohlmanns eigenschafft.
Den man vor Fridrichs Sohn verehrt
Nicht ohngefehr nur sternbethört;
Aus Königs Jacobs blutt genommen,
Was ist ihm plötzlich überkommen?
Als gleich ein Jahr, das ich in Richmonts blikk
Zirvirdt um Genf des Königs greuelstükk,
Und Gott uns schmükkt mit Fridrichs weissem blauen,
Fällt Genf mich an, um das es war zuschauen.
13.
Wahr ists, mein Gott, das recht sei Lednitzs zucht,
Das recht von dir der Feigenbaum verflucht!
Doch nihm zum virdtenmahl di prob,
[153]Villeicht erjagen si noch lob.
Ergreiff auch disen Ahasveren!
Ach zeig ihm Hamans Reichsverstöhren!
Er ist ein Mensch, durch macht und pracht verderbt.
Di Hoffart ist der Hof-art angeerbt.
Verwend, O Gott, den anschlag auf di bösen!
Fang Esthern an mit Mardochee zulösen!
14.
O GötterGott! Ich fall in deine schos!
Mit Joseph recht in deiner führung blos!
Um dich durch dich! Dein will gescheh!
Dein will ist nur, um den ich fleh!
Ich bin recht in der Löwengrube,
Und feurgen Ofens feuerstube!
Komm, Jesu, komm! Das Babel sei verwühlt!
Dein Daniel und sein Gesell gekühlt!
Di stund ist da nun deine Stadt zugründen,
Und Babel selbst zufangen und zubinden.
Höchstgeheimster Jubelnachklang,
Gejubiliret auf der Jerusalemschen Geistreise, als er schon mit Moses aus Egypten durch das Rothe Meer, den 22 August 1682.
15.
Jauchtzt, Völker, jauchtzt ob Pharaons gemütt!
Nun schmekkt ihr recht durch Joseph seine gütt.
Jauchtzt, Völker, jauchtzt, das Moses fliht!
Nun ist, das Horeb wunderglüht!
Jauchtzt, Völker, jauchtzt, ob Pharons heere!
Nun folgt er nach und bleibt im meere.
Jauchtzt, Völker, jauchtzt! Nebucadnezar ligt!
Nun hat der Löw ein Menschenhertz gekrigt.
Jauchtzt, Völker, jauchtzt, weil Joseph danielet,
Und Daniel den Joseph gantz beseelet.