[232] Der 8. (53.) Kühlpsalm
Sibeiniges allgemeines Abend- Nacht- Morgen- Mittagslid aus dem sibeinigem allgemeinem güldnem A B C; sibeinig zum lobpreis Jehova Jesus und Aufmunterung des sibentzigsibeinigen Japhet Sem Ham, nach recht der ewigen unendlichen gebährung im höchstem thone der 168 wechselungen angestimmet zu London im Sept. und das 5. 6. 7. den 16. 17. 18. Octob. 1679.
1. Der Ersttag oder Sonntag
1.
An Gott glaub ich, der nur allmächtig,
Der ewigst waristkommt einträchtig,
Jehovah, Elohim, Sadai,
Jah, Tsebaoth, El, Adonai.
Der ewig ist, wi er gewesen,
Aus sich in sich durch sich ernesen,
Als er dreieinig sich gebahr,
Der ewig doch nur einer war,
Das einge Ein des einsten Eines,
Das Alles All, ohn welches keines.
2.
Bei dem, von dem dis alles worden,
Ist ewig alles dinges orden,
Wi es von Ewikeit erschin,
Und wird in Ewikeit durch ihn.
Bei Gott wird alles angeblikket
Auf ewigewigst unverrükket,
Was ewigewigst angeblikkt,
Und ewigewigst unverrükkt
In aller Ewikeiten Spigel,
Und aller Ewikeiten Sigel.
3.
Christ ist des Vatern ewge Wonne,
Des ewgen Lichtes ewge Sonne,
Den er von Ewikeit bewonnt,
Den er in Ewikeit besonnt:
Der einge Sohn, den Gott gebohren,
[233]Aus ihm in ihm von ihm erkohren:
Sein einges Wort, das er ausprach
Ohn das kein Wort ist vor und nach:
Das Gott von Gott aus Gott empfangen,
Und waristwird nur Gottsverlangen.
4.
Der heilge Geist, der Geist der Geister,
Geht aus von beiden als Werkmeister,
Wi er von Ewikeit ausging,
Als er di Ewikeit empfing
Ohn allen Anfangmittelendnis
In Gottes ewigen Empfängnis
Des ewigeingebohrnen Sohns
Und ewigausgegangnen throns
Des ewigstewigen Ausgehen
Und ewigstewigen bestehen.
5.
Ein Wesen wil sich ewig dreien,
Und machet doch nur eines reien,
Das ewig nur ein Einer sei,
Das ewigst Drei ohn Einge Drei.
Nichts ist zuerst davon entsprossen,
Gleichmächtig aus sich ausgeflossen,
Weit über der Vernunfft begrif
Nach breite, weite, länge, tif,
Weit über der Geschöpff ihr sinnen,
Das sich allein ist seiner innen.
6.
Freiflüssend ist in einem Wollen
Der einge Gott von sich gequollen
Dreieinigst zu des eingen Lust,
In Ewikeit nur sich bewust:
Höchstdreieinträchtigst in dem Willen
Aus sich in sich mit sich zufüllen,
Aus sich in sich mit sich sein All,
Aus sich in sich mit sich sein schall,
Das alles ward in Freiheit offen
Aus Gott in Gott mit Gott getroffen.
7.
Gott Vater, Sohn und Geist ist Einer,
Der einge Gott, ohn welchem keiner,
Ein einger Schöpffer alles dings
Des rundten Ewikeitenrings;
Ein einger Schöpffer aller Himmel,
Des Lebens, Webens und gewimmel;
Ein einger Schöpffer der Natur,
Und der Geschöpffe Richtscheidschnur,
Das imals waren, sind und werden
Dort in den Himmeln, hir auf Erden.
8.
Hält nicht Gott alles nur in siben?
Sein Bild ist allem eingetriben
Sibeinigst nach der Geisterart,
Di ewigst sich nur sibgepaart;
Dreieinigst nach den dreien quellen,
Di ewigst sich dreieinigst hellen,
Wi ewigst si sibeinigst warn,
Und sich dreieinigst dargebahrn,
Wi ewigst si sibeinigst flüssen,
Und sich dreisibeneinigst güssen.
9.
In Gott aus Gott durch Gott enstunden,
Als Gott in sich hat gutt befunden
Nach seinem bild drei Engelreich,
Di ihres Schöpfers bildnis gleich.
Gott wollte Drei, wi sich bethronen:
Gott gab den dreien Königskronen,
Das si mit ihrem Fürstenthum
Zu ihres Schöpffers lust und ruhm
Sibeinigst solten sich dreieinen,
Dreieinigst ewig sibenscheinen.
10.
Kindähnlich gläntzten Gottes Engel:
Lichtheilig, ewig, ohne Mängel,
Printz Michael ins Vaters macht,
[235]Printz Jesuel ins Sohnes pracht,
Printz Uriel im Geistes lichte,
Voll Gotts vor Gottes angesichte,
Voll dreisibeinger Majestät,
Eh einer Gottes lib verschmäht,
Aufblähend sich Gott abgestorben,
Und Gottes finsternis geworben.
11.
Lichtledig sind der Engel lichter;
Di offenbahrten Gott als Richter,
In dessen heilger Vaterschos
Si ruhten vor gantz frei und los.
Ihr Grosfürst Lucifer wolt toben,
Bedonnern Gott von unten, oben,
Darüber sich des Zornes schlund
Eröffnet, der vor keinem kund:
Si filen in des grimms gefängnis
Voll finsternis, voll Angstbedrängnis.
12.
Macht Lucifer sich selbst zuschanden,
Verlohr den nahmen in den banden,
Beteufelt sich als Teufelhaupt,
So schlos ihn Gott, imehr er schnaubt.
Den Fürstensitz, der gantz durchschwärtzet,
Hat Elohim neu lichtbekertzet,
Als er schuf Erd und himmel draus,
Und stis davon di höllwelt aus.
Was ewig, ward dadurch anfänglich
In einer zeit, di bald vergänglich.
13. Nach sich schuf Gott, was welt nun heisset,
Und stat des Mittelthrons gegleisset,
Nach seinem zorn, nach seiner lib,
Sibeinig nach sibeingem trib.
Gott schuf di Welt durch sibentage
[236]Nach beider Sibengeister wage,
Das ides tages eigenschafft
Hätt völlig eines Geistes krafft.
Im sibenden ward Ruh gepflogen,
Weil sechs in sich den leib gezogen.
14.
Obsigte Gott nicht seinem grimme?
Dis weiset seine lichtesstimme,
Als alles finster auf der Erd,
Das alles wider lichte werd.
Das gutte wolt aus allen dringen,
Und mit dem bösem kräfftig ringen!
Drum ging hervor das allerbest
Nach aller freiheit, di Gott läst;
Nach mas, gewicht und allen zahlen,
Bis dise Welt in vollem strahlen.
15.
Pflag Gott nicht Adam unvergleichlich?
Ach Gotteslib ist unverreichlich!
Gott machte ihn zum Erdenherrn,
Und wolt ihm schenken hertzlichgern,
Was Lucifer zuvor besessen,
Um das der ris dadrurch vergessen:
Er satzte ihn ins Paradeis
Zu seines Schöpffers ehrenpreis.
Er krönte ihn mit tausend gaben,
Und wolt ihn selbst mit sich erlaben.
16.
Qual Gott in Adam nicht unendlich?
Sein Geist ist uns nur allzukändlich,
Darinnen Gott qualificirt,
Und den er himmlisch hat durchrührt
Der geist, den Gott durch Adams nasen
Nach sich aus sich ihm eingeblasen
Im Paradischem lustgefild
Nach seinem eignem Ebenbild,
Das er von Gott mit Gott durchgottet,
Solt ewig leben unzerrottet.
[237] 17.
Rükkt Adam sich von erster gütte,
Doch theilte Gott bald sein gemütte
Ins Fräulein, das aus seinem leib,
Bis Eva ward dadurch sein weib.
Rükkt Eva gleich von Gott ihn wider,
Das er empfing di thirschen glider:
Doch stellte sich an Adams Ort
Selbst Gottes ewig Sohn und Wort
Um Adam, Ev aus allen bösen
Als Gott und Mensch neu zuerlösen.
18.
Sprach sich nicht aus das Wort durch Worte?
Der Gott mit Gott, schlos auf di pforte.
Der einge Sohn, des Vatern Hertz
Nahm gäntzlich auf sich Adams schmertz.
Das Wort, das Jesueln durchblümet,
Das Wort, vom Jesuel gerühmet,
Das allen Engeln ward bekand!
Dis ist, das nun stat Adamsstand:
Dis ist, das sich uns eingesprochen;
Das uns am Lucifer gerochen.
19.
Trat Gottes Sohn nicht unter füssen
Di Satanslist durch Adams büssen?
Der Held, der suchte stets sein Recht
Im Weibessamensstammgeschlecht.
Der ist, der es geheiligt täglich,
Und macht um ide Sünd es kläglich.
Der sich gezeugt virtausend Jahr,
Und Mensch war, eh er Mensch noch war.
Der immer kam, eh er gekommen;
Kurtz: der in Frommen ward vernommen.
[238] 20.
Volthat nicht Gottes Wort verheischen,
Als es sich endlich wolte fleischen?
Ein wahrer Mensch von Davidsstamm:
Dis war das rechte Gotteslamm.
Er trug als Jesus that und nahmen,
Darüber strakks in schrekknis kamen,
Di von dem Jesuelschem stuhl
Verfallen in den schwefelpfuhl.
Um Gotteszorn, den Adam reitzet,
Ward Jesus jämmerlich gekreutzet.
21.
Wahrschaute Jesus nicht vor andern?
Von seiner Kunfft? von unserm Wandern?
Zog Christ nicht weg als Todesfürst?
Mensch, sih, wi du bald stehen wirst!
Christ hat ausdrükklich uns gelehret,
Was uns notwendig angehöhret.
Wi lang in uns er leiden schmekkt?
Wi weit sein Kreutz in uns ausstrekkt?
Mensch, merke wohl! Es ist nun wenig,
Das Jesus König aller König.
22.
Xgleichend wird mein Jesus sigen,
Wann er in Wolken sich wird rügen,
Mit seinem Kreutz, dran er geduldt,
Was wir in Adam all verschuldt!
Er wird den Erdkreis selbst einnehmen,
Befesseln, di sich nicht bequemen:
Es eilt di zeit ans letzte zil,
Und ist meist aus des Satans spil.
Christ lis als Lamm sich gantz vertreten:
Christ wird als löw si gantz ausjäten.
23.
Yähnlich wird sich Jesus wittern
In seines Reichs Jesuelittern,
Di sich als Christen Christgeformt,
Nach Christusleben Christgenormt.
[239]Schau, schau, wi si dreieinig gläntzen!
Wi Adams Krantz si kan umkräntzen!
Der Krantz, den er in Eden trug:
Den Jesuspflug uns macht zum flug.
Di Heiligen sind ausgeleutert!
Das Jesusreich wird stets erweitert.
24.
Zeitendend ist alsdann erschinen
Printz Jesus an den Himmelsbühnen,
Wann Lucifer zu allerletzt,
Nachdem Jahrtausend neu ansätzt.
Der strenge Richtstag ist erwekket,
Der hölle, Tod und Teufel schrekket.
Drauf folgt die ewikeitenzeit:
Ein ewge freud, ein ewig leid.
Gib aller welt, Christ, disen glauben,
So wird ihr Satan nichts mehr rauben.
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- TextGrid Repository (2012). Kuhlmann, Quirinus. Gedichte. Der Kühlpsalter, Band 1. Virdtes Buch. Der 8. (53.) Kühlpsalm. 1. Der Ersttag oder Sonntag. 1. Der Ersttag oder Sonntag. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-BA03-7