384.

Einem andern ist sie auch einmal begegnet, dem hat sie eine schöne Blume gegeben und hat ihm geheißen, ihr zu folgen. Das hat er, da er ein beherzter Mann [345] gewesen, auch gethan, und nun sind sie im alten Schloße in tiefe Keller hinabgestiegen, bis sie in ein großes Gewölbe gekommen, in welchem unendlich viel Geld aufgehäuft war, bei welchem ein großer schwarzer Hund lag. Von diesem Gelde nun hat sie ihn nehmen heißen, soviel er wolle, und das hat er sich nicht zweimal sagen laßen, hat seine Blume auf den Tisch gelegt und sich alle Taschen vollgesteckt. Als er nun gemeint, er habe genug, hat er wieder hinaus gewollt, die weiße Junfer hat ihm aber zugerufen: »Vergiß das Beste nicht.« Das hat er jedoch nicht verstanden, sondern ist hinausgegangen; wie er aber durch die Thür geschritten, ist diese hart hinter ihm zugeschlagen und hat ihm die Ferse abgeklemmt, sodaß er nun all sein Geld hat verdoctorn müßen.


Vgl. Nr. 12, 276, 379, 383, 392; Norddeutsche Sagen, Nr. 29 mit der Anm.; Schambach u. Müller berichten Nr. 13 nur von einem goldenen Spinnrad und Haspel, die sich in den Kellern der Burg finden, vgl. Märkische Sagen, Nr. 165; Wolf, Heßische Sagen, Nr. 39-41, 43. Ueber die Bedeutung der Blume und des Schlüßels habe ich in dem Aufsatze über die weiße Frau in Mann hardt's Zeitschrift (III, 384 fg.) gesprochen. Hier mögen noch einige Belegstellen folgen: Eine Jungfrau mit Schlüßeln zeigt sich waschend zu Ostern, Pröhle, Oberharzsagen, S. 196; ebenso S. 198 die Lutterjunfer, dieselbe hat auch die Schlüßel zum Eselsborn, aus welchem die kleinen Kinder geholt werden. Eine Jungfrau mit einem Schlüßelbund, Schambach u. Müller, Nr. 105, 110, 124; Baader, Nr. 63, 67, 116, 151, 184, 196, 215, 220; Lyncker, Heßische Sagen, Nr. 125, 131, 137, 138; eine Jungfrau mit einem silbernen Schlüßel, Pröhle, Unterharzsagen, Nr. 360, 361; Schambach u. Müller, Nr. 125. Die tegerfelder Schlüßeljungfrau hat den goldenen Schlüßel zum Kleinkindertrog, in dem alle Ungeborenen wohnen, Rochholz, I, 228; sie trägt eine Glaskrone, in welches ein Goldschlüßel steckt, ebendas., S. 230; dieser goldene Schlüßel wird zur glühend heißen Schlange, ebendas., S. 232; andern erscheint sie mit einem Schlüßelbund, ebendas., S. 232, 239. Ein [346] andere weiße Frau bietet den Schlüßel zur Goldtruhe, ebendas., S. 249; noch eine andere trägt ein Bund Schlüßel um den Hals und öffnet damit den eisernen Schatzkasten, ebendas., S. 251; eine weiße Jungfrau mit einem Schlüßel, Rochholz, ebendas., S. 261, 262; eine Jungfrau mit zwei goldenen Eimern und einem goldenen Schlüßel, Schambach u. Müller, Nr. 131. Statt der Jungfrau erscheint häufig eine Schlange mit Schlüßeln; vgl. auch über die Jungfrau als Schlange, Wolf, Heßische Sagen, Anm. zu Nr. 1-6. Die Jungfrau im Ilsenstein zeigt sich alle hundert Jahre in ihrer wahren Gestalt; zu anderer Zeit zeigt sie sich als Schlange, Pröhle, Unterharzsagen, Nr. 257; Meier, Schwäbische Sagen, Nr. 363; Schambach u. Müller, Nr. 132; eine Jungfrau, deren Leib vom Nabel abwärts in eine Schlange ausgeht, mit einem Bunde Schlüßel um den Hals, Rochholz, I, 251; eine Jungfrau erscheint bei der Erlösung beim dritten Probestück als Schlange mit Schlüßeln, Baader, Nr. 186; ebenso beim zweiten male, ebendas., Nr. 215; Wolf, Heßische Sagen, Nr. 42, 46, 49; eine Schlange mit Goldkrone und einem Bund Schlüßel im Maul, Schöppner, I, Nr. 220; eine zu erlösende Jungfrau erscheint am Walpurgistag von zwei Schlangen umwunden, die den goldenen Schlüßel zu dem Schatze festhalten, Schöppner, III, Nr. 1003; eine Schatz hütende Schlange trägt den Schlüßel zu demselben im Munde, ebendas., Nr. 1120; Schlangen mit Schlüßeln, Meier, Schwäbische Sagen, Nr. 170, 234, 237; Rochholz, I, 259, Nr. 177. – Ein graues Männchen verwandelt sich zur Schlange mit drei Schlüßeln, Wolf, Heßische Sagen, Nr. 63. An die Schätze hütenden Schlangen und Jungfrauen mit Schlüßeln schließen sich die Schätze hütenden Hunde an, welche Schlüßel tragen, doch greifen die Sagen von beiden mehrfach in die Vorstellung von den Schlüßeln zum Unterweltsthore über; Panzer, Beiträge, II, 199; Pröhle, Oberharzsagen, S. 135; Wolf, Heßische Sagen, Nr. 48; Schöppner, III, Nr. 1159; Wolf, Niederländische Sagen, Nr. 232; Stöber, Elsäßische Sagen, Nr. 285; Baader, Nr. 243. Vgl. den Welthund (Nr. 148 d mit der Anm.), sowie die Schlüßel tragenden Fische, welche zu Nr. 388 besprochen sind. Vereinzelt steht bis jetzt, daß neben einer weißen Klosterfrau mit einem Gebund Schlüßel eine weiße Ziege mit einem eben solchen im Maule bei einem Schatze umgeht, Baader, Nr. 296.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Kuhn, Adalbert. Märchen und Sagen. Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen. Erster Theil. Sagen. Die weiße Junfer auf dem Schloße zu Dassel. 384. [Einem andern ist sie auch einmal begegnet, dem hat sie eine schöne]. 384. [Einem andern ist sie auch einmal begegnet, dem hat sie eine schöne]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-D758-C