XXIII. Das Schaf

Fab. Aesop. 189


Als Jupiter das Fest seiner Vermählung feierte, und alle Tiere ihm Geschenke brachten, vermißte Juno das Schaf.

Wo bleibt das Schaf? fragte die Göttin. Warum versäumt das fromme Schaf, uns sein wohlmeinendes Geschenk zu bringen?

[254] Und der Hund nahm das Wort und sprach: Zürne nicht, Göttin! Ich habe das Schaf noch heute gesehen; es war sehr betrübt, und jammerte laut.

Und warum jammerte das Schaf? fragte die schon gerührte Göttin.

Ich Ärmste! so sprach es. Ich habe itzt weder Wolle, noch Milch; was werde ich dem Jupiter schenken? Soll ich, ich allein, leer vor ihm erscheinen? Lieber will ich hingehen, und den Hirten bitten, daß er mich ihm opfere!

Indem drang, mit des Hirten Gebete, der Rauch des geopferten Schafes, dem Jupiter ein süßer Geruch, durch die Wolken. Und jetzt hätte Juno die erste Träne geweinet, wenn Tränen ein unsterbliches Auge benetzten.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Lessing, Gotthold Ephraim. Fabeln. Fabeln. Drei Bücher (Ausgabe 1759). Zweites Buch. 23. Das Schaf. 23. Das Schaf. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-E5A0-8