Wohlmeinender Unterricht für all diejenigen, welche Zeitungen

[236] [240]Wohlmeinender Unterricht für alle diejenigen, welche Zeitungen lesen, worinnen so wohl von dem nützlichen Gebrauche der gelehrten und politischen Zeitungen, als auch von ihrem Vorzuge, den einige vor andern haben, bescheidentlich gehandelt wird; nebst einem Anhange einiger fremden Wörter, die in den Zeitungen häufig vorkommen. Leipzig bei Chr. Fr. Geßner 1755. In 8vo. 22 Bogen. Wenn dieses Buch, welches eigentlich zu nichts, als zum Nutzen der Zeitungsleser und zur Aufnahme der Zeitung selbst bestimmt ist, nicht verdienet, in den Zeitungen bekannt gemacht und angepriesen zu werden, so verdient es gewiß kein Buch in der Welt. Unsern Blättern soll man wenigstens den Vorwurf nicht machen, daß sie die Dankbarkeit so weit aus den Augen gesetzt und ein sträfliches Stillschweigen davon beobachtet hätten. Sie sollen vielmehr ihren Lesern melden, daß dieser »Wohlmeinender Unterricht« halb ein neues und halb ein neuaufgewärmtes Buch ist, welches aus drei Hauptabteilungen besteht. Die erste handelt von den Zeitungen überhaupt, und untersucht in 9 Kapiteln mit einer ziemlich philosophischen Gründlichkeit, was man unter einer Zeitung verstehe, woher die Zeitungen ihren Ursprung haben, was für Sachen in den Zeitungen vorkommen, welcher vorzügliche Wert ihnen beizulegen, wie die Verfasser der Zeitung, besonders der politischen, beschaffen sein sollen, was sie für eine Schreibart und für einen Endzweck haben müssen, und endlich auch was sie für Leser verlangen. Die zweite Abteilung handelt von dem Nutzen der Zeitungen, von ihrem Nutzen überhaupt, von ihrem Nutzen an Höfen, von ihrem Nutzen auf Universitäten, [240] von ihrem Nutzen in der Staatskunde, von ihrem Nutzen im geistlichen Stande, von ihrem Nutzen im Kriege, von ihrem Nutzen bei der Kaufmannschaft, von ihrem Nutzen im Hausstande, von ihrem Nutzen auf Reisen, von ihrem Nutzen in Gesellschaften, von ihrem Nutzen in Unglücksfällen. Kurz es ist sonnenklar, daß die Zeitungen das nützlichste Institutum sind, zu welchem die Erfindung der Buchdruckerei jemals Anlaß gegeben hat. Das Publikum kann leicht einsehen, daß man dieses ohne Absicht auf irgend einen Nutzen sagt, denn von dem Nutzen, den ihre Verleger daraus ziehen, steht kein Wort in dem ganzen Werkchen. Die dritte Abteilung endlich handelt von der Art, wie man den Nutzen, welchen die Zeitungen bringen, durch eine vernünftige Lesung derselben erhalten soll; aber mit dieser, wie wir frei gestehen müssen, sind wir gar nicht zu frieden. Der Verfasser will die Welt bereden, daß Zeitungsleser gewisse Naturgaben, gewisse Kenntnisse in der Genealogie, in der Wappenkunst, in der Weltbeschreibung, in der Geschichte, und wer weiß noch worinne haben müßten. Allein mit seiner Erlaubnis, das ist grundfalsch. Wer ein wenig Neugierde besitzt und das wenige Geld daran wenden will und kann, ist ein vollkommner Zeitungsleser; welches hiermit zur Nachricht dienet! Am Ende hat der Verfasser eine Nachricht von den in Deutschland bekanntesten Zeitungen beigefügt; allein an dieser Nachricht ist auch vieles auszusetzen. Besonders tadeln wir dieses daran, daß er unsere Zeitung nicht gleich obenan gesetzt hat. Wir hätten ihn noch ganz anders loben wollen! Kostet in den Vossischen Buchläden hier und in Potsdam 8 Gr.

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TextGrid Repository (2012). Lessing, Gotthold Ephraim. Ästhetische Schriften. Rezensionen. Wohlmeinender Unterricht für all diejenigen, welche Zeitungen. Wohlmeinender Unterricht für all diejenigen, welche Zeitungen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-E648-8