Die Schiffersfrau
Wir sahn dem Schiff am Ufer nach,
Bis Wind die Segel fingen,
Bis über die See das Dunkel brach
Und die Augen übergingen,
Dann kehrten wir heim, allein und zerstreut,
Wir Frauen und Töchter der Schifferleut'.
Seitdem ist's nun im zweiten Jahr,
Daß dich die Wogen treiben.
Du irrst durch ferne Todesgefahr,
Und ich muß Witwe bleiben.
Ich schaukle zu Haus in der Wiege dein Kind,
Und dich, dich schaukelt der wilde Wind.
Oft fallen mir alle die Namen bei
Von Männern, die untergegangen,
Von denen wir oft am Abend zu zwei
Die traurigen Lieder sangen.
Vergessene Menschen in fremder Tracht
Besuchen mich oft im Traume der Nacht.
Sie schütteln ihr lang durchnäßtes Haar
Und grüßen wie fremde Boten,
Sie reichen einen Ring mir dar
Und Grüße von dem Toten,
Von dir, von dir – ich erwach' und wein'
Und schlafe die Nacht nicht wieder ein.
Es lechzt vielleicht dein heißer Mund,
Und ich kann dich nicht laben;
[70]Du liegst vielleicht im Meeresgrund
Sarglos und unbegraben.
Ach, daß ich selbst den Trost verlier',
Im Frieden einst zu ruhn bei dir!