[147] Die Kirchensäulen

Vierhundert Pfund der eine wiegt,
Dreihundert zieren den andern,
Ich sehe sie täglich langsamen Schritts
Über den Domplatz wandern.
Zwei Vollmonde, breit und würdevoll
Die rosenblühsamen Gesichter,
Und wäre ich leider kein Dichter schon,
Begeisterte dies mich zum Dichter!
Und diese Bäuche! Voll Staunen bleib'
Ich ehrerbietig stehen –
Seit zwei Jahrzehnten können sie nicht
Ihre eigenen Beine mehr sehen.
Was gibt das für reizende Engelchen,
Nur muß sich der Herrgott bequemen,
Statt Taubenflügel die Fittiche
Vom Vogel Greif zu nehmen.
Und daß man trotzdem nicht an Wunder glaubt,
Das ist es, was mich wundert –
Vor diesen Begnadeten fall aufs Knie,
Ungläubiges Jahrhundert.

Münster, Mai 1890

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Löns, Hermann. Gedichte. Junglaub. Die Kirchensäulen. Die Kirchensäulen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-1F29-5