Juni

Ein schlechter Frühling – alle Bäume
Von Raupen und Gewürm zerpflückt –
Die besten meiner Lebensträume
Sind auch in ihrem Mai geknickt.
Der Frost verdarb die schönsten Blüten,
Die Made fraß sich bis ins Mark –
Viel gute Vorsätze verglühten,...
Für Tod und Gift ist nichts zu stark.
Und doch – es schießen frische Triebe,
Grüngoldnes Laub schmückt jeden Zweig –
Unüberwindbar ist die Liebe
Und abzuwehren jeder Streich.
Kein Baum fällt bei dem ersten Streiche,
Kein Herz bricht von dem tiefsten Hieb –
Es bleibt dem Herzen wie der Eiche
Als Rettung der Johannistrieb.
Drum still, mein Herz, und laß das Wimmern
Und schrei »Prost Rest« des Wehgestöhns!
Stürzt auch die ganze Welt in Trümmern,
Ich bleib' ja doch der Hermann Löns.

Münster, 13. Dezember 1889

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Löns, Hermann. Gedichte. Junglaub. Juni. Juni. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-1F89-B