[827] Oeffentliche Sendepistel an meine lieben, kleenen Kameraden

In tiefster Tristigkeet ergreife ich den Schreibkrampffederhalter, denn scheiden thut wehe, und der à présente Jahrgang unsers Leib- und Lieblingsblattes neigt sich dem westlichen Sonnenuntergange zu. Wir haben een ander so sehre schöne gehabt; werden wir eenander denn och so schöne wiederkriegen?

Ihr lieben Sausewinde seid mir so schneidig an mein treues Herz gewachsen, daß een baldiges Wiedersehen die symplegadeste meiner Lebenshoffnungen geworden is. Ohne Eure schtramme Allgegenwart kann ich weder leben noch exsudieren und wenn mir etwa die Menschenmöglichkeet genommen werden soll, zuweilen so mal um die Dämmerschtunde rum im »Guten Kameraden« zu erscheinen, so schmeckt mir weder Wurscht noch Schwammb und Seefe mehr! Da hab' ich alles satt! Vielleicht erzähle ich Euch schpäter mal, wie ich zu meinem Goldklumpen gekommen bin. Damit ich Euch aber ooch inzwischen wiedersehe, werde ich mich hier und da mit eenem meiner Geistesfunken so heemlich in den »Guten Kameraden« schmuggeln, daß es ooch der obschtinate Setzerlehrling nich merken soll.

Als erschten dieser Gedankenblitze will ich Euch heut' folgendes Preisrätsel widmen:


»Welche hervorragende Eegenschaft hat der bekannte Dammarlack mit dem weltberühmten Hobble-Frank gemeene?«


Wohin die Lösung schicken, das werdet Ihr in Nr. 3 des neuen Jahrganges erfahren. Jeder Löser wird preisgekrönt mit folgenden Unschätzbarkeeten: 1) mein Bildnisporträt mit Federhut, 2) mein konfrontiertes Wahlschpruchsmotto, und 3) meine eegenhändige Fax-Emilie, also drei weltgeschichtliche Gegenschtände, welche schpätere Altertumsforscher mit Hundertmarkscheinen offwiegen werden.

Da besonders das Brustbildkonterfei von eenem Künstler erschten Ranges mit Schurmaus-Pinseln schtukkatiert worden is, so bildet es eenen höchst wertvollen Zimmerschmuck für herrschaftliche Salons oder ooch für Schwimmanschtalten und Herbariumsdeckel oder Löschpapier.

Also ratet, Ihr lieben Kamerädchens, ratet, bis die Perücke knackt, damit sodann in jedem deutschen Hause und über jeder deutschen Schtubenthüre cum flagrantum offgehängt werden kann

Euer rätseliger

Hobble-Frank, Villa »Bärenfett« an der Elbe.

[827]

[828] [79]Lösung des Preisrätsels

Wenn unser rätseliger Hobble-Frank ein Rätsel stellt, so hat dasselbe natürlich einen Haken; wer von unsern jungen Freunden die Bekanntschaft dieses wackeren früheren Forschtgehilfen aus Moritzburg in Sachsen gemacht hat, der wird diese Möglichkeit, jaWahrscheinlichkeit, ohne weiteres zugeben. Alles was von ihm kommt, das hinkt. Es findet also auch hier wieder einmal eine seiner Verwechselungen statt und darin liegt die Pointe. Er meinte nämlich nicht den Dammarlack, sondern den Eroberer Tamerlan oder Timur lenk, welcher auch hinkte. Die Lösung lautet also:


»se hinken alle beede«. [79]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). May, Karl. Aufsätze, Reden, offene Briefe und Sonstiges. Oeffentliche Sendepistel an meine lieben, kleenen Kameraden. Oeffentliche Sendepistel an meine lieben, kleenen Kameraden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-306A-F