Schneewittchen

Schneewittchen hast im Scherz du dich genannt,
Da plaudernd einst zusammen wir gesessen,
Der Augen tiefes Blau, die Elfenhand,
Des Nackens Blondgekraus, wer kann's vergessen?
Noch jüngst – ich schritt ein hohes Tal entlang,
Es war gekrönt mit sieben Silberspitzen,
Die von dem himmelnahen Felsenhang
Herunter auf die grünen Pfade blitzen –
»Schneewittchen!« rief ich laut und unbewußt,
»Schneewittchen hinter deinen sieben Bergen!
Führst droben pünktlich du mit kühler Brust
Den kleinen Haushalt deinen sieben Zwergen?«
Ein spottend Echo nur antwortet' mir,
Die Felsstirn rümpfte lachend ihre Falten;
Und doch, und doch, mir war's, ich hätt von dir,
Schneewittchen! einen lieben Gruß erhalten.

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TextGrid Repository (2012). Meyer, Conrad Ferdinand. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1892). 5. Liebe. Schneewittchen. Schneewittchen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-3563-4