An einen Liebenden

Du klagst mir, Freund, daß immer die Mutter noch
Des schönen Kindes gleich unerbittlich sei.
Geduld! noch leben wir im Jänner,
Aber nicht stets wird der Eiswind schnauben.
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Im Winkel, wo sich einsam des Daches Trauf
In morscher Rinne sickernd vereiniget,
Hängt mannsdick, zuckerkandelartig
Schimmernd ein sechsfach verwachsnes Monstrum.
Bald wehen laue Lüfte den Frühling her,
Dein Gartenbeet vergoldet der Krokus schon;
Eidechslein sonnen ihr smaragdnes
Kleidchen am bröckelnden Felsen wieder.
Grün wird das Wiesental, und der lichte Wald
Vertieft in Schatten schon sich geheimnisvoll,
Die wilde Taube gurrt, der Jäger
Schmückt sich den Hut mit dem jungen Zweige.
Blieb dann von jenem eisigen Ungetüm
Auch wohl die Spur noch? – Warte den Sommer ab.
Im schlimmsten Fall, o Bester, denke,
Daß noch des Wildes im Forste mehr lebt!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Mörike, Eduard. Gedichte. Gedichte (Ausgabe 1867). An einen Liebenden. An einen Liebenden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-4296-9