[29] 28. Klaas Lembeke.
(Um 1350.)
In Jütland war eine edle Witwe, die das SchloßDorning und viele Güter inne hatte; die nahm einen Holsten zur Ehe, den Ritter Klaas Lembeke, damit er sie verteidige. Als derselbe einmal auf den Höfen umherzog, die er mit der Wittfrauen bekommen hatte, fand er die Dänen, dieweil er ein deutscher Mann war, aufsätzig. Da er solches seiner Frau sagte, antwortete sie: »Ich bin ein Weib, und kann den Tisch decken und Essen und Trinken bestellen. Sieh du zu, daß du alles herbeischaffst. Es ist ein Sprichwort, daß die dänischen Bauern nicht gerne wenige beherbergen, sonder viele, wenn sie mit Gewalt kommen.« Das verstand der Edelmann, und nahm mit sich viele bewaffnete holsteinische Knechte und war den Bauern darnach willkommen.
Der König Woldemar warf bald einen Argwohn auf ihn und stellte ihm nach. Auf eine Zeit wollte er ihn mit einem Eide verpflichten, weil er in Jütland wohnte. Er aber sagte, er wäre seinen Herrn den Grafen von Holstein verpflichtet. Als ihm aber der König zusetzte, sah Klaas Lembeke sich um, und als er merkte, daß er mit guten Freunden wohl verwahret wäre, sprach er: »Dieweil der König einen Eid haben will, so schwöre ich ihm, daß ich ihm nimmer will getreu sein.« Darauf antwortete der König: »Du hast recht geschworen, und wir haben keinen Zweifel daran.« Es nahm der König seine Worte aber gar tief zu Herzen, obwohl er ein Lachen daran gab und sich's nicht merken ließ.
Eines Tages ließ er ihn zu sich rufen nach Wordenburg, unter sicherem Geleite. Klaas Lembeke kam zu Schiffe; als er nun zur Burg hinaufging, sang ein Knabe aus der königlichen Dienerschaft, dem er oft freigebig wie er war, ein gutes Trinkgeld gegeben hatte, ihm zur Warnung diese Worte:
»Das Wasser steht beim Feuer und siedet schon:
Die Eber mögen nur kommen.«
Als Klaas Lembeke das hörte, verstand er ihn wohl, begab sich eilend wieder auf sein Schiff und entkam.
Später hat er dem Könige wieder einen Schreck gemacht. Einem Bischofe, von dem er wußte, daß er nicht schweigen konnte und der dem Könige betraut war, beichtete er als ein groß Geheimnis, das er ja nicht vermelden solle, daß ihrer viele wären, die den König vergiften wollten. Der Bischof entsetzte sich und schwieg so lange, bis er zum König kam. Der geriet darüber so in Furcht, daß er aus seinem Reiche nach Böhmen zog und lange draußen blieb.
Endlich hat der König Klaas Lembeke mit einem großen Heere in der Borgsumborg auf Westerlandföhr belagert. Nachdem er sich lange männlich gewehret, gebrach es zuletzt doch an Lebensmitteln. Nur eine Kuh hatten sie noch auf der Burg. Um den König glauben zu machen, [30] daß sie noch gut versorgt seien, wurde diese jeden Tag, immer mit einer andern Haut bekleidet, auf dem Burgwall herumgeführt. Aber der König ließ darum nicht ab und Klaas Lembeke mußte endlich in einer Nacht auf einem kleinen Boote durch den großen Strom, der noch heute vom Burgwall in die See hinausgeht, entweichen. Man weiß nicht, was aus ihm geworden ist. Alle seine Schätze hat er aber vorher da in die Tiefe versenkt und Leute, die nachher sie haben heben wollen, sind durch furchtbare Erscheinungen daran gehindert. Klaas Lembeke soll auch in Schwansen und in der Probstei ein Schloß gehabt haben, und man kennt ihn heutzutage noch recht gut. Den König aber hat es noch auf seinem Todbette gequält, daß er ihn damals nicht gebrüht hätte, als das Wasser schon heiß war.
Presbyter Bremens. bei Westphalen III, 79 f. Albert Kranz, Saxon. IX, 25. Huitfeld I, 485. Alardus bei Westphalen I, 1816. – Mündlich und durch Mitteilung des Herrn Schullehrer Hansen auf Sylt. Vgl. Nr. 322 Anm. – Die Geschichte von der Kuh wird auch noch heute in Törning selbst erzählt.