81. Düerhuus.
In Tondern hatte zur Zeit des dreißigjährigen Krieges das schönste und reichste Mädchen der Stadt sich mit einem braven jungen Manne verlobt, und ihn, obwohl er arm war und aus niedrigem Stande, vielen reichen Freiern vorgezogen. Als nun die Schweden ins Land kamen, [73] mußte er die Braut verlassen und mit in den Krieg gegen sie ziehn. Doch mit rühmlichen Auszeichnungen kehrte er nach einiger Zeit zurück und die Liebenden hofften bald ein glückliches Paar zu werden. Es sollte aber doch traurig enden.
Ein paar Kriegskameraden und Freunde waren mit dem Bräutigam gekommen und einer von ihnen verliebte sich in seine Braut. Als sie nun einmal in einem Wirtshause beisammen saßen und lustig zechten, fing der neidische Nebenbuhler Streit mit seinem andern Kameraden an, und da ein Wort das andere gab und der Beleidigte endlich heftige Worte ausstieß, riß jener dem Bräutigam den Degen aus der Scheide, stach damit seinen Gegner nieder und floh. Der unschuldige Freund ward nun bei dem Sterbenden gefunden und da seine blutige Waffe gegen ihn zeugte, vom Gericht verurteilt; er mußte unter der Hand des Henkers sterben. Die unglückliche Braut folgte ihm bald in den Tod, von Gram verzehrt.
Sieben Jahre waren seit der Zeit verflossen, als der Mörder, der unterdes in der ganzen Welt unstät umher geirrt war, nach Tondern zurückkehrte, und um seiner Seele Ruhe zu verschaffen, den Richtern seine Schuld bekannte und die arme Mutter des Hingerichteten bat, sein ansehnliches Vermögen als Erbin anzunehmen. Bevor er aber die gewünschte Strafe litt, ließ er des ehemaligen Freundes Leiche ausgraben und mit Gepränge in ein ehrliches Begräbnis bringen. Und ließ dann auf das Grab einen blauen Stein legen, worauf ein Herz mit einem Kreuz oder Dolch ausgehauen war. Weil aber ein unschuldig Hingerichteter darunter lag, so tröpfelte alljährlich in der Nacht des Mordes Blut aus dem Herzen. Der Stein ist jetzt fortgenommen. Die Mutter kaufte von dem Gelde, das sie empfangen hatte, eine kleine Viertelmeile von Tondern einen Hof und nannte das Haus darauf Düerhuus, weil sie es nur um den Tod ihres Sohnes erhalten hatte. Dieses Haus zeigt man bis auf diesen Tag.
Nach den einstimmenden Mitteilungen des Herrn Pastor Carstens in Tondern und Herrn Schumann in Flensburg. – Fräulein D. Tamsen in Tondern erzählt: Zwei Kriegsleute zur Zeit des dreißigjährigen Krieges bekommen Streit in einem Wirtshause in Tondern. Einer ersticht den andern. Als der Mörder flieht, findet er auf der Bank vor dem Hause einen jungen Mann schlafend, dem er seinen blutigen Degen in die Hand gibt. Der Jüngling wird hingerichtet und hinterläßt eine trauernde Braut und Mut ter usw. Im folgenden herrscht Übereinstimmung. – Herr Hansen auf Sylt erzählt so, daß die Tochter und ihre Mutter schon das reiche Haus besessen hätten. Den begünstigten Freier sucht ein eifersüchtiger Nebenbuhler im Michaelismarkte in Tondern auf und ersticht ihn im Gedränge in einem Wirtshause. Das blutige Messer gibt er einem schlafenden Menschen, der nach der Tortur sich schuldig bekennt, hingerichtet und auf dem Schindanger begraben wird. Darauf hat der Mörder keine Ruhe, geht in den Krieg, kommt dann nach Tondern zurück und verrät im Traume einem Bürger die Tat. Der macht Anzeige und die Strafe trifft ihn.