295. Die Irrlichter bei Jordkirch.

Von Jordkirch aus sieht man in den Monaten August und September, scheinbar an der Ostseite der Drawitter Hölzung, die wohl drei Meilen entfernt sein mag, nach Sonnenuntergang zwei Feuer oder Lichter, deren eines größer ist als das andre.

Ein armer Schneider in Höist hatte nämlich ein böses, trunkfälliges Weib; die verbitterte ihm das Leben so, daß er keine frohe Stunde mehr hatte; alles was er verdiente, das vergeudete und vertrank sie. Eines Tages hatte er kein Bißchen Brot mehr im Hause. Da kam sein kleiner Sohn und bat weinend um etwas; denn ihn hungerte so. »Komm mit«, sagte der Vater, »ich will dir Brot geben, daß du nie mehr Hunger leiden sollst«, und damit ging er mit ihm nach der Drawitter Hölzung, die nicht weit vom Dorfe liegt. Als sie nun dahin kamen, da ermordete der Vater in seiner Verzweiflung erst seinen Sohn und verscharrte ihn im Sande, und dann erhängte er sich selbst. Seit der Zeit sieht man dort jene Lichter wandeln.

Durch Herrn Pastor Hansen in Jordkirch bei Apenrade.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Müllenhoff, Karl. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen und Lieder. Zweites Buch. 295. Die Irrlichter bei Jordkirch. 295. Die Irrlichter bei Jordkirch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-4F0B-C