357. Kälber behext.

Ein Marschbauer konnte kein Kalb aufziehen; so oft er's versuchte, ward das Tier krank und konnte nicht leben, aber auch nicht sterben, so daß man es töten mußte. In der Not wandte er sich an einen klugen Mann um Rat. Der sprach: »Wenn es noch einmal wieder so geht, so zieh' das kranke Tier hinaus auf deine Hofstelle und schieße nur darnach. Totschießen wirst du es nicht können, aber lade nur immer von neuem [240] und schieß, so wird schon jemand kommen und die Sache wird sich finden.« Nach einiger Zeit kalbte wieder eine Kuh. Der Bauer behielt das Kalb zum Aufziehen, aber es ging damit wie vorher. Da tat er, wie ihm der Mann gesagt hatte, führte das Kalb auf die Hofstelle und schoß fortwährend darnach. Nachdem er nun mehrere Schüsse getan und das Kalb starb nicht, kam die Nachbarin in großer Eile gelaufen und rief: »Halt doch auf zu schießen, du schießst mir ja alle meine Ochsen auf der Weide tot.« Da hatte jeder Schuß einen Ochsen getötet. Der Mann aber stellte das Schießen ein und konnte nachher seine Kälber aufziehen.


Durch Herrn Schullehrer Münster in Elmshorn.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Müllenhoff, Karl. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen und Lieder. Zweites Buch. 357. Kälber behext. 357. Kälber behext. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-4F57-2