Friedhofszauber

Dieser stille Gottesacker,
dieses grüne Totenfeld,
wie es wieder mich im Banne
seines tiefen Friedens hält!
Unter diesen Bäumen träumt ich
einst mein Leben licht und schön –
sonnengoldne Zukunftsbilder
winkten von den fernen Höhn.
Sonnengoldne Zukunftsbilder
lockten schmeichelnd mich hinaus
aus der Heimat sicherm Frieden
in des Lebens Sturmgebraus.
[34]
Einen vollen Taumelbecher
setzt ich dürstend an den Mund –
und ich trank ihn bis zur Neige
und ich leert ihn bis zum Grund.
In die Heimat kehr ich wieder,
nun der Lenz die Fluren säumt: –
Meine Schmerzen sind zerstoben,
meine Wonnen sind verträumt.
In geheimnisvolles Schweigen
hüllt mich Lindendunkel ein;
durch die knospenschweren Zweige
blickt der Maiensonnenschein.
Und berauschend von den Hügeln
steigt empor der Blütenduft,
aber um die fernen Höhen
weht's wie feuchte Nebelluft.
Dieser stille Gottesacker,
dieses weite Totenfeld,
wie es mich im Zauberbanne
seines tiefen Friedens hält!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Müller-Jahnke, Clara. Gedichte. Gedichte. Alte Lieder. Friedhofszauber. Friedhofszauber. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5333-4