Die letzten Griechen

Wir fragen nichts nach unserm Ruhm, nach unsrer Namen Preis.
Was frommt's, ob Welt und Nachwelt einst von unsern Thaten weiß?
Wenn Hellas sinken muß in's Grab, was soll der Leichenstein
Auf unsern Hügeln? Laßt sie leer! Wir woll'n vergessen sein.
Die Namen unsrer Väter gehn den Fremden durch den Mund,
Sind ihnen in der Schule recht, für Alt und Jung gesund.
Ach, wenn kein freier Grieche mehr euch griechisch nennen kann,
Miltiades, Leonidas, was ist eur Nachruhm dann!
Dann steigt ihr gern mit uns hinab in die gemeine Gruft,
Auf welcher keine Sage steht und schöne Namen ruft.
Barbaren, ihr versteht sie nicht! Sie klingen euch in's Ohr,
Hinein zum einen und heraus alsbald zum andern Thor;
Doch ewig taub wird euer Herz für Hellas Namen sein,
Er sog von unsrer Väter Geist nicht einen Tropfen ein.
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Ein Tropfen nur in euer Herz, und Hellas wäre frei,
Und umgestürzt der morsche Thurm der stolzen Tyrannei.
Was habt ihr, Völker, denn gelernt von Hellas alter Kunst?
Frei sein! So heißt ihr erster Spruch. Blast weg den eiteln Dunst,
Den ihr euch als hellenisch preist, seid ihr so frei noch nicht,
Zu helfen frei mit Wort und That, von Freiheit Ketten bricht!
Wir fragen nichts nach unserm Ruhm, nach unsrer Namen Preis.
Was frommt's, ob der Barbaren Schwarm von unsern Thaten weiß?
Wenn Hellas sinken muß in's Grab, wir wollen keinen Stein
Für unsre Gruft. Laßt ungenannt die letzten Griechen sein!

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Müller, Wilhelm. Gedichte. Lyrische Reisen und epigrammatische Spaziergänge. Griechenlieder. Neueste Lieder der Griechen. Die letzten Griechen. Die letzten Griechen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-57DD-8