Liebestreue
(oder das Märchen á la Malbrouk)

[455] [457]Zwischen der Leine und der Weser war gelegen die Grafschaft Hallermünd, vor Alters eine der vornehmsten unter den sächsischen Grafschaften. Sie lag wie eine Perl in Golde, oder wie das Honigmagazin einer lieblichen Blume ringsum mit buntfarbigen Blättern gezieret, mitten inne zwischen vier andern Grafschaften. Morgenwärts grenzte sie mit der Grafschaft Poppenburg, abendwärts mit Schaumburg, gegen Mittag mit Spiegelberg, gegen Mitternacht mit Kalenberg. Unweit Eldagsen auf dem Burgwege, linker Hand bei dem Steigergrund, sieht man noch Mauren und Gewölber, [457] welche Überbleibsel sind der Ruinen des ehemals prächtigen und festen Residenzschlosses der Grafen von Hallermünd. Um die Zeit, oder nicht lange nachher, als Herzog Heinrich der Löwe nebst seinem Reisegefährten dem getreuen Löwen, in einer Nacht den berühmten Ritt von Palästina nach Braunschweig auf dem Rücken eines dienstfertigen Dämons gemacht hatte, und frisch und wohlgemut daselbst angelangt war, lebte zu Hallermünd Graf Heinrich der Wackere, nebst seiner Gemahlin Jutta von Oldenburg, welche als ein Muster der Tugend und Schönheit von ihren Zeitgenossen gepriesen wurde, und alle die Talente und Vollkommenheiten vereint besaß, die der Verfasser der Schattenrisse in einem dicken Hefte unter die ganze niedersächsische Gemeinde jetzt lebender berühmten schönen und biedern Damen so weislich zu verteilen gewußt hat. Im Besitz eines solchen Kleinods ihres Geschlechtes, schätzte sich Graf Heinrich mit Recht für den glücklichsten Ehegemahl unter dem Monde, und liebte die tugendsame Jutta mit so unverbrüchlicher Treue, als Vater Adam die Mutter aller Lebendigen in der Unschuldswelt des Paradieses, wo ihresgleichen nicht mehr zu finden war. Die edle Gräfin aber war ihrem Herrn auch mit der zärtlichsten Liebe beigetan, die so rein und lauter war wie ein hellgeschliffenes Spiegelglas, das keine Quecksilbermasse im Hinterhalt hat, wodurch es fremder Eindrücke und Gestalten empfänglich gemacht wird.

Alle Neigungen und Wünsche des herrlichen Paares schmolzen in sanften Sympathien ineinander, und wenn sie in den traulichen Stunden, welche die Liebe den Ergießungen des Herzens geweihet hat, einander ihre Gefühle entdeckten, entstund kein anderer Wettstreit unter ihnen als der, ob das männliche oder weibliche Herz stärkerer und beständigerer Flammen fähig sei. Und wie solche idealische Kontroversen leicht ins Gebiete der Phantasie hinüber schlüpfen, so begnügten sich beide nicht an dem gegenwärtigen Liebesgenuß. Die Dauer des Lebens dünkte ihnen für den Umfang ihrer Glückseligkeit allzu kurz und flüchtig; ihre liebsten Unterhaltungen betrafen gewöhnlich sentimentalisch religiöse Betrachtungen über den Zustand[458] der Liebenden jenseit des Grabes. Aus einem Übermaß weiblicher Zärtlichkeit, beteuerte die Gräfin oftmals ihrem Gemahl, daß sie ohne ihn die Freuden des Himmels selbst unvollkommen schmecken, und die Gesellschaft ihres Schutzengels für die Abgeschiedenheit von ihm ihr keinen Ersatz würde leisten können. Ihre religiösen Begriffe von dem zukünftigen Aufenthalte der Seelen, schwebten zwischen Furcht und Hoffnung; sie wußte nicht, ob sie den Sammelplatz zur Wiedervereinigung getreuer Liebe ins Fegfeuer oder in die Vorhöfe des Himmels verlegen sollte; auch fielen ihr, bei der zahllosen Volksmenge im Schattenreiche, noch mancherlei Zweifel über das Zurechtfragen und Wiederfinden ein: denn es gibt nicht leicht seltsamere und verworrenere Vorstellungen von der himmlischen Hierarchie, als in dem weiblichen Lehrbegriff von den zukünftigen Dingen. »Ach«, sprach die Gräfin oftmals mit zärtlicher Wehmut, »wär's doch im Rate der Wächter beschlossen, daß wir beide zu gleicher Stunde ins dunkle Grab hinüber schlummerten, und unsere so eng verflochtenen Seelen ungetrennt dem Orte ihrer zukünftigen Bestimmung zueilen möchten, damit sie keinen Augenblick die Wonne des wechselseitigen Genusses entbehren dürften!« Der Graf stimmte zwar diesem Wunsche bei; doch waren seine Vermutungen, was die zukünftige Wiedervereinigung betraf, minder ängstlich. Seiner Theorie nach war die himmlische Polizei in ganz guter Ordnung; als ein Kriegsmann verglich er den Aufenthalt der abgeschiedenen Seelen einem wohlgeordneten Heerlager, wo es leicht sei sich zurechte zu finden; auch schien ihm die durch den Unterschied der Lebensdauer erfolgende Trennung nur einer Abwesenheit von einigen Tagen bei einer Reise über Land ähnlich zu sein, wo die Hoffnung der Wiederkehr angenehm und die Erfüllung dieser Erwartung erfreulich sei. Er vermaß sich hoch, auch in jener Welt der Gesetze der Ritterschaft eingedenk zu sein, und nicht eher zu rasten, bis er seine Dame wiedergefunden hätte, wenn er auch den unermeßnen Raum des Himmels mehrmals durchkreuzen und sie unter unzählbaren Myriaden von Schattengestalten heraussuchen sollte.

[459] In dem Zimmer, wo dieses Gespräch vorfiel, war nach dem damaligen Zeitgeschmack zur Verzierung der Vertäfelung ein Totentanz abgebildet. Eine von diesen fürchterlichen Gruppen stellte ein zärtliches Paar vor in einer traulichen Konversation begriffen; Freund Hein trat herein und forderte das Fräulein zum Vorreihen auf; der Liebhaber ließ bei dem Anblick des Knochenjunkers den Arm, mit welchem er seine Geliebte umschlossen zu haben schien, nachlässig sinken, zog sich von ihr ab und umschlung mit dem andern eine ihm zur Seite sitzende Dirne, in deren Busen er sein Angesicht verbarg. »Sehet da, lieber Gemahl«, sprach die Gräfin, »ein Beispiel, wie sich Männertreue artet! So wankelmütig liebt kein Weib. Sein Liebchen ist noch nicht erkaltet, und schon ist die heilige Flamme in dem Herzen ihres Ungetreuen verloschen. Ach den Gedanken unwandelbarer Liebe nimmt sie mit aus der Welt! Wenn ihr nun einst sein Schatten mit einer andern vergesellschaftet begegnet, wird das nicht in den Gefilden der Ruhe ihre Zufriedenheit stören?« Diese Idee wirkte so lebhaft auf das empfindsame Herz der Gräfin, daß sie sich darüber in der Seele betrübte, und milde Zähren ihre rosenfarbenen Wangen überströmten. Den frommen Gemahl rührte dieser Kummer der lieben Schwärmerin innigst, darum tröstete er sie mit freundlichen Worten. »Reine Liebe«, sprach er, »ist keinem Wechsel unterworfen, und zwei vereinbarte Seelen vermag auch die große Kluft nicht zu scheiden, die [460] zwischen Himmel und Erde befestiget ist. Ein Gelübde wie das unsere, ist auch in jenem Leben unauflösbar, und soll uns unverbrüchlich binden. Und damit Ihr des Beweis und Zeugnis habt, verheiß ich Euch auf mein Gewissen und bei ritterlichen Ehren, daß wenn Ihr, Gott ver hüt's! durch den Tod mir entnommen würdet, kein Gedanke einer zweiten Liebe mir in den Sinn kommen soll, und eben das verseh ich mich zu Euch im Fall ich zuerst davon scheiden sollte. Ja wenn die Wiederkehr in diese Unterwelt nach dem Tode noch in meiner Gewalt ist, soll mein bandenloser Geist unsers Bundes eingedenk sein und Euch dessen erinnern. Schlagt ein, geliebtes Weib, daß er durch Herz und Hand bestätigt werde ewiglich.« Dieser Vorschlag paßte so fein zu den romantischen Begriffen, welche sich die Gräfin aus den schwankenden Lehrmeinungen von dem Zustande der Abgeschiedenen zusammengesetzt hatte, daß er ihr recht aus dem Herzen genommen schien. Sie fand großen Trost und Beruhigung in der Assekuranz ihrer Liebe in jenem Leben, und entsagte bereitwillig dem gewöhnlichen Ehereservat, wiederzunehmen wenn der Tod nimmt. Zum Wahrzeichen dieser Eheberedung schlung sie aus zweifarbiger Seide, grün und schwarz, als der Farbe der Hoffnung und der Trauer, einen unauflöslichen Liebesknoten, welches Symbol die Hoffnung andeutete, daß der überlebende Teil den betrauerten in den Gesinnungen unveränderter Liebe wiederfinden würde. Sie fertigte davon ein doppeltes Exemplar, eins für ihren Gemahl, der es als Breloke an seine Grafenkette band, das andre für sich selbst, um es an das goldne Herz zu schließen, das sich als ein Halsgeschmeide in ihren schönen Busen verbarg.

Bald darauf gab Graf Heinrich seiner Ritterschaft ein herrliches Gastmahl, und trieb mit seinen Gästen viel Kurzweil und groß Freudenspiel, nach seiner Gewohnheit, denn er liebte Pracht und Vergnügen. Die Harfner und Geiger ließen sich wacker hören und alles atmete in Hallermünd Heiterkeit und Wonne. Eben wollte die zärtliche Jutta am Arm ihres Herrn, zum fröhlichen Tanze gerüstet, den Ball eröffnen, da langte ein Herold in der Burg an, der feierlich [461] vor sich her trommeten ließ, und begehrte Gehör. Alsbald gebot der Graf der geräuschvollen Kurzweil Stillestand, um zu vernehmen, was der ernste Mann im Waffenrocke für ein Anbringen habe. Die Gräfin entfärbte sich vor Furcht und Beklommenheit ihres Herzens, die Botschaft des Herolds dünkte ihr Eulengeschrei und Krähenruf zu sein, sie vermutete die Ankündigung einer Fehde, oder eine Ausforderung zum Zweikampf für ihren lieben Herrn. Doch wie der Herold eingeführet wurde und sie das Wappen ihres Hauses an seiner Brust erblickte, beruhigte sie sich einigermaßen. Der Botschafter aber neigte sich ehrbar gegen den Grafen, und hub seinen Spruch und Gruß also an: »Graf Gerhard von Oldenburg, Euer Schwäher und erbverbrüderter Bundesfreund, heischt und ladet Euch nach ritterlicher Sitte und Brauch, heut über drei Tage, ihm zu helfen und beizustehen mit Eurem starken Arm, auch Roß und Mann, auf einer Kriegsfahrt gegen die Stedinger, die ihm abgesagt haben. Ist der freundbrüderlichen Willfahrung seiner ziemlichen Bitte gewärtig, und bleibt Euch dafür mit gutem Willen zu allen geliebigen Gegendiensten beigetan.«

Graf Heinrich bedachte sich nicht lange, dem Herold gewierige Antwort zu erteilen, und entließ ihn wohlbeschenkt von sich. Bald darauf verließ er selbst den Tanzsaal, und der Tempel der Freuden verwandelte sich nun mit einemmal in eine kriegerische Rüstkammer, die sanften Harmonien der Flötenspieler und Harfenschläger wechselten mit dem fürchterlichen Geklirr der Waffen, und das Vergnügen wurde zum Verdruß der flinken Tänzerinnen die auf Eroberungen dachten, durch die Dazwischenkunft des Herolds ebenso unangenehm und plötzlich gestört, als der große Ball zu Toulon durch die notorische Stuhlbataille 1. Die Hofdiener, [462] die vorher geschäftig waren Torten und Pasteten in silbernen Schüsseln und Wein in vergoldeten Pokalen aufzutragen, beeiferten sich jetzt die Rüstung ihres Herrn und seines Geschwaders aus der Rüstkammer herbeizuschaffen; der eine brachte den geschlossenen Helm der andere den ehernen Harnisch und die gelenken Beinschienen, der dritte trug den stählernen Schild, der vierte den Speer und das zweischneidige Ritterschwert. Die zärtliche Jutta schmückte selbst mit zitternder Hand, unter dem Beistand ihres Frauenzimmers den Federbusch auf, der den Helm beschatten sollte, rot und schwarz, nach den Tinkturen des Wappens ihres Gemahls. Hierauf ließ er sich von seinem Knappen die Rüstung anlegen, und da die Morgenröte anbrach, befahl er dem Stallmeister sein stolzgezäumtes Kriegspferd vorzuführen, um mit seinem Gefolge flugs aufzusetzen. Ach was für Wehklagen und Händeringen begann die schöne Gräfin, da ihr trauter Gemahl sie liebreich umarmte und den herben Abschiedskuß auf den reizenden Purpurmund drückte! [463] Ihr Auge gebar Tränen, die sich mildiglich über die holdseligen Wangen ergossen, wie die Himmelsquelle des Taues, der in der Morgenstunde auf die blühende Flur herabträufelt. Arm in Arm geschlossen hing sie an seinen Lippen, und wagt' es nicht, das Lebewohl, dieses schauervolle Losungswort der Trennung, auszusprechen. Vergebens suchte der Graf diese empfindsame Szene abzukürzen und sich ihren schmerzvollen Empfindungen zu entreißen; mit magnetischer Kraft zog sie ihn wieder an ihren klopfenden Busen, bis ihr Geist sich gesammlet hatte und ihr Mund wieder Worte gewann:


»Ade mein trauter Gemahl!«
»Ade du Herzgeliebte mein!«
»Ade zu tausendmal!«
»Werd bald wieder bei dir sein.«
»Ach wenn erfüllst du dies?«
»Weiß das fürwahr nicht gewiß.«
»Sag, wenn du hoffen läßt?«
»Denk wohl aufs Osterfest.«
»Ach wenn umarm ich dich!«
»Auf Pfingsten sicherlich.
Wiedersehn macht
Daß man Scheiden nicht acht.«

Mit diesem wehmütigen Abschiedsgruße trennte sich das zärtliche Ehepaar; der Graf spornte sein bepanzertes Roß aus aller Macht, um draußen in der Frühlingsflur wieder freier zu atmen; der Kummer seiner Gemahlin hatte ihm ganz das Herz eingeengt. Die Gräfin aber stieg hinauf auf die Zinne des Schlosses, und weinte ihrem Herrn nach solang sie seinen Federbusch in der Ferne vom Helm wehen sah. Drauf verschloß sie sich in ihr Gemach, fastete und kasteiete sich, und tat Gelübde allen Heiligen und absonderlich dem Engel Raphael, daß er ihren Herrn geleiten möchte, wie vormals den jungen Tobias, und ihn ebenso wie diesen seinen Schutzgenossen sicher und ohne Gefährde in seine Heimat zurückbrächte. Die Gräfin hatte einen sehr [464] schönen Pagen, Irwin genannt, der an Hoffesten, und wenn sie pflegte in die Kirche zu gehen, ihr die Schleppe nachtrug, den ließ sie mit dem Grafen ziehen, und band ihm ein, seinem Herrn nie von der Seite zu weichen, ihn als ein treuer Waffenträger zu begleiten, und wenn er von Kriegswut entflammt sein Leben aufs Spiel setzen würde, ihn bescheidentlich zu erinnern um der Liebe willen auf seine Erhaltung zu denken, und nicht als ein kecker Glücksritter Gefahr und Abenteuer zu suchen. Irwin war des Gebotes der schönen Frau eingedenk, folgte dem Grafen wie sein Schatten, denn der wackere Held hatte gelobet den Ermahnungen des treuen Pagen Gehör zu geben, soweit es Ehre und Ritterpflicht verstatte.

Träge und zaudernd reiheten sich nach der Empfindung der Gräfin die Tage der Abwesenheit aneinander; sie zählte jeden Stundenschlag. Wenn die Sonne hinter die westlichen Gebürge hinabsank tat's ihr wohl, denn sie vermeinte mit dem Ende jedes Tages dem Ziel ihrer Wünsche um einen Schritt näher gekommen zu sein; aber der Fortgang der Zeit gleicht einem Schwungrade, das, durch den Hauch sterblicher Wünsche angewehet, keinen schnellern Umtrieb gewinnt, doch auch in seinem gleichmäßigen Gange nicht gehemmet wird, wenn ein vorwitziger Arm in die Speichen greifet es zurückzuhalten. Und so kam Ostern heran, nicht eine Stunde früher, und keine später, als das Zeitmaß es verlangte, so sehr die gute Gräfin über die ungerechte Zögerung der Tage sich beklagte; allein Graf Heinrich kam noch nicht zurück. Sie begann nun eine neue Zeitrechnung von Ostern bis zum Pfingstfest. Funfzig lange Tage waren ihr noch bis dahin auszuharren, und funfzig Tage sind eine Ewigkeit für ein Herz voll ungeduldigen Verlangens. »Ach«, erseufzete sie, »der Weinstock hat noch kein Auge gewonnen, der Wind saust über den dürren Strauch, der rauhe Harz hüllt sich noch in seine Schneekappe ein; und die Wälder sollen grünen, der Weinstock blühen, und der Harz sein Winterkleid ausgezogen haben, ehe mein Herr wiederkehret! Ach Geliebter meiner Seele, wie lange weilst du ruhig unter den Lorbeern deiner [465] Siege, indes ich Einsame in Gram und Sehnsucht verschmachte!«

Unter diesen zärtlichen Klagen ward dennoch aus Abend und Morgen immer ein Tag der die Zahl von Funfzigen kleinerte, und selbst der Kummer der Gräfin, und das Schweben ihres Geistes zwischen hoffnungsvoller Erwartung und der Furcht einer nochmaligen Täuschung, tödeten einen Teil der lang weilenden Zeit. Der Schnee zerfloß, die Rebe schoß, es grünete der Wald, und in der Kirche wurde das veni creator intoniert, jedoch Graf Heinrich kam noch immer nicht zurück.

Traurige Ahndungen durchschauerten die Seele der Bekümmerten, den leichten frohen Mut, der sonst so gern mit Schönheit und Jugend unter einem Dache hauset, hatte die grämliche Sorge ganz verscheucht, die edle Gräfin hing nur ängstlichen Gedanken nach. Sie sahe nicht die schöne Natur in ihrem reizenden Morgengewande, hörte nicht die schmelzenden Melodien der Nachtigall, atmete nicht die würzhaften Blütendüfte, und die bunte Flor ihres Blumengartens hatte keinen Reiz für sie. Ihr betrübtes Auge war unbeweglich zur Erde gerichtet und aus dem beklommenen Busen drängten sich laute Seufzer empor. Ihre Jungfrauen durften es nicht wagen ihr Trost einzusprechen, oder sie mit Gespräch zu unterhalten, still und schweigend nahmen sie aber Anteil an den Schmerzen ihrer Gebieterin durch heiße Zähren; oder wenn ja das tiefe Stillschweigen unterbrochen wurde, so geschahe es beim Morgengruße, um die bedeutsamen Träume ihrer Herrschaft auszulegen, die zuweilen nur vorbildlich, durch einen ausgefallenen Zahn oder eine Schnur Zahlperlen, einen Todesfall und traurige Tränen weissagten; zuweilen geradezu zwischen Gräbern und Totenbahren herumirreten, einen Sarg mit Schilden und Wappen behangen, oder einen standesmäßigen Leichenzug vorbildeten. Es eignete sich sogar am hellen lichten Tage in dem gräflichen Hause: zur Zeit der Mittagsstunde, da die Hofdirnen ihrer Frau bei der Tafel aufwarteten, gab's einen hellen Klang im Gemach, daß die Gräfin hoch vom Stuhl aufschreckte, und als man zusah was es sei, war auf dem [466] Schenktisch der gewöhnliche Trinkbecher des Grafen zersprungen von oben bis unten, daß er in Stücken zerfiel. Alle Anwesenden erbleichten, Bestürzung und Entsetzen war auf ihren Gesichtern zu lesen, die Gräfin aber sprach: »Ach daß es Gott und allen Heiligen erbarme! Das bedeutet meinen Herrn; er ist dahin, tot ist er, kalt und tot!« Sie ließ sich das auch von Stund an nicht mehr ausreden und tat nichts als weinen und jammern.

Den dritten Tag darauf hatte sie ein sonderbares Vorgefühl das sie sich nicht zu erklären wußte. Eine geheime Ahndung sagte ihr, sie würde Botschaft von ihrem Herrn [467] empfangen. Darum stieg sie auf den hohen Söller des Hauses, und schauete fleißig nach der Straße, welche der Graf genommen hatte, als er davon zog. Und da sie die Augen aufhob, galoppierte ein Reuter daher, wohl über Stock wohl über Stein und über Berg und Tal, und hinterdrein, bald in der Luft empor, bald unterwärts der Erde nach, schwamm langgedehnt ein Schweif gleich einem Wimpel, der am hohen Mast das Spiel der Winde ist. Schwarz war das Roß und schwarz der Reuter angetan, seines Pferdes schneller Gang zielte auf das Schloß. Als er nun vor die Pforte kam, ach da erkannte Jutta daß es Irwin war, in schwarze Trauer eingehüllt, und von dem runden Hut schwebte ein langer Flor bis zu des Pferdes Huf herab. »Ach Irwin lieber Page mein«, rief hoch betrübt die Gräfin ihm vom hohen Söller zu, »welch eine Botschaft bringst du mir, sag an wie steht's um deinen Herrn?« Da erhob Irwin gar weinerlich seine Stimme: »O holde zarte Frau, viel schlimm ist meine Botschaft die ich bringe, viel Tränen wird sie Euren schönen Augen kosten! Entreißt den Blumenkranz den blonden Haaren und wandelt Euer rosenfarbenes Gewand in schwarzen Boy und Flor! – Graf Heinrich ist dahin, eiskalt und tot!« »O Unglücksverkünder!« rief die Gräfin aus, »o Botschaft voll Jammer und Herzeleid!« Kaum hatte sie das gesagt, so durchbebte ein kalter Schauer ihre Glieder, und Schatten des Todes umnebelten alle ihre Sinnen, die Kniee wankten und sie sank ohnmächtig den aufwartenden Dirnen in die Armen. Die ganze Grafschaft Hallermünd ertönte von lauten Trauerklagen, da die Zeitung von des Grafen Tod ins Land erscholl, welche der dumpfe Ton der Sterbeglocken bestätigte, und die getreuen Hofdiener nebst allen Untertanen beweinten unverstellt den Tod ihres guten Herrn.

Unter allen Leidenschaften scheinet indessen das Schmerzensgefühl am wenigsten geneigt das Leben zu zerstören, absonderlich bei dem tränenreichen Geschlecht, das allen Kummer sich so leicht vom Herzen weint. Die tiefgebeugte Wittib unterlag also nicht ihren Schmerzen, so sehr sie auch wünschte des Leibes entledigt zu sein, damit ihr von Sehnsucht [468] beflügelter Geist den geliebten Schatten ihres Gemahls noch auf dem Wege in die Ewigkeit einholen möchte. Doch diesmal war ihr Wunsch vergebens; es wär auch ungerecht gewesen, wenn ihre Seele die reizende Wohnung welche ihr zum Aufenthalt angewiesen war, so eilfertig hätte verlassen wollen. Denn ein niedliches bequemes Obdach zu verschmähen um unter freiem Himmel zu wohnen, ist eigentlich Übermut; ein anders ist's wenn jemand in einer räuchrichen oder gebrechlichen Hütte hauset, die alle Augenblick den Einsturz droht, da ist der Wunsch zu emigrieren verzeihbar. Darum wenn eine Matrone bei der schon jeder Balken im Gesparre knackt sich nach ihrer Auflösung sehnet, so ist gegen ein so billiges Verlangen mit Grunde nichts einzuwenden; aber wenn junge frische Mädchen so grabesdunstwitterlich reden, wenn irgend eine empfindsame Saite in ihrem Gehirn verstimmt, oder eine Intrike gescheitert ist, so ist das eitel Ziererei. Die schöne Jutta wünschte mit ihrem Herrn zu sterben, wie die Gemahlin des weisen Seneca, die sich zur Gesellschaft mit ihm die Adern öffnen ließ. Da er aber früher ausgeblutet hatte, und der Tod bei ihr noch zögerte, folgte sie gutem Rat und ließ schnell zubinden, denn sie meinte sein entflohener Geist habe bereits einen zu weiten Vorsprung genommen, um ihn einzuholen. Nachdem der erste Sturm der Leidensgefühle in einen sanften Tränenregen sich aufgelöset hatte, und das zerrissene Herz der jungen Witwe einige ruhige Augenblicke genoß, ließ sie den treuen Irwin rufen, um ausführlichen Bericht von dem unglücklichen Geschick ihres Herrn zu vernehmen.

Sie erfuhr, daß an eben dem Tage und zu der Stunde, da es im Schlosse sich geeignet hatte, die verbündeten Grafen gegen die Stedinger ausgezogen wären und eine harte Schlacht begonnen hätten. Graf Heinrich habe das Los getroffen, zuerst auf die feindlichen Scharen anzusprengen, da habe im Schlachtgetümmel eine feindliche Streitaxt seinen Harnisch gespalten und ein mörderischer Wurfspieß darauf die Brust durchbohrt. »Unachtsamer Bub«, fiel die Gräfin dem Pagen in das Wort, »gebot ich dir nicht meinen [469] Herrn seiner Liebe zu erinnern, wenn er von Siegeslust trunken seiner vergessen sollte? Warst du stumm ihn zu vermahnen, oder war er taub dich zu hören?« »Keins von beiden, holde Frau«, erwiderte Irwin, »ich hab Euch noch nicht alles gesagt. Zur Seite Eures Gemahls ritt Graf Gerhard von Oldenburg, Euer Bruder, der Tags vorher erst wehrhaft gemacht war und nun seine Waffenprobe tat. Voll Mut und Jugendfeuer stürzte er in die feindlichen Speere und wurde umringt. Hundert Schwerter stürmten auf ihn ein, daß sein Federbusch zerstob in zarte Flaumen. Als Graf Heinrich die Gefahr seines Schwähers inne ward, stach er seinen Hengst an und flog ihm zu helfen. Da rief ich aus aller Macht: ›Gemach lieber Herr! Gemach! Seid eingedenk Eures zarten Ehegemahls!‹ Doch er achtete nicht meiner Worte, wendete sich zu seiner Ritterschaft und sprach: ›Drauf und dran, Roß und Mann! Mir nach! Es gilt des edeln Jünglings Leben!‹ Im Nu saß er mitten im Haufen, bedeckte den Bedrängten mit seinem blanken Schilde, und [470] sein mächtiger Arm mähete die dichte Lanzensaat zur Rechten und Linken, wie die Sense des Schnitters die reifen Ähren zur Zeit der Ernte. Graf Gerhard strebte sich aus dem Gewühl hervor, und wurde von den Seinen aus dem Gefecht gebracht; aber sein Erretter fiel und ward ein Raub des Todes. Ich empfing seine letzten Seufzer an Euch, nachdem ich ihm das Visier geöffnet hatte. Er erkannte mich und blickte mich freundlich an: ›Treuer Herr, treuer Knecht!‹ sprach er mit schwacher Stimme, und reichte mir die Hand. ›Irwin zieh heim und vermelde der Gräfin meinen Sterbensgruß, sag ihr es tue nicht not viel um mich zu weinen und zu jammern, es blieb bei der Abrede. Ach möchtest du bald bei mir sein, Jutta Herzgeliebte mein!‹ Mit diesen Worten verschied der Graf, ich sah's mit meinen Augen, wie seine reine Seele, als ein leichter Schatten gestaltet, vom Mund auf gen Himmel emporschwebte, und die Sonne stund hoch im Mittag da das geschah.«

Diese Erzählung wirkte heftig, wie leicht zu erachten, auf die Tränendrüsen der gebeugten Wittib, sie wimmerte und schluchzete laut, und ihre Augen wurden von bittern gesalzenen Zähren wund. Um ihrer Gebieterin solch erneutes Herzeleid zu sparen, hießen die Frauen den Pagen hinausgehen, aber die Gräfin winkte daß er bleiben sollte. »Ach Irwin lieber Page, noch immer weiß ich nicht gnug von deinem Herrn, erzähle weiter! Ist sein Leichnam im Schlachtgetümmel von den Rossen zertreten, von dem wütenden Feind zerrissen, oder ehrlich, wie es einem tapfern Ritter zustehet, zur Erde bestattet worden? Lieber Page, sag mir alles was dir davon wissend ist!« Irwin trocknete seine Tränen, die ihm teils aus Mitleid gegen die schöne Gräfin, teils aus Betrübnis über den Tod seines guten Herrn, von den Backen, schön weiß und rot wie Milch und Blut, träufelnd herab rollten, und fuhr in seiner Rede also fort: »Wähnet nicht, daß der teure Überrest des Leichnams von Eurem Gemahl sei zertrümmert oder gemißhandelt worden; die Grafen haben das Feld behalten und einen herrlichen Sieg erfochten. Nach geendigter Schlacht kamen sie alle heran geritten, ihren Bruder und Bundesgenossen zu[471] beklagen, seinen Leichnam als eine heilige Reliquie in Empfang zu nehmen, und mit großem Pomp und Leichengepränge beizusetzen, bis auf das Herz, welches den Ärzten übergeben wurde es einzubalsamieren, denn der edle Bundesverein hat beschlossen, es Euch durch eine Ehrenbotschaft mit nächsten überbringen zu lassen. Das ganze Heer stund mit gesenkten Fähnlein und Lanzen, und die Ritter mit aufwärts gekehrtem Schwert, in feierlicher Stille, als der Leichenzug vorüberzog. Die Heerpauken ließen dumpfen Sterbeklang erschallen, und die Schalmeier schalmeiten dazu den Totenmarsch. Ein Marschall zog voran mit seinem schwarzen Stabe, dem folgten vier ehrenfeste Ritter, der erste trug den Harnisch, der andere den stählernen Schild, der dritte das blanke Schwert, der vierte trug nichts: er war der Trauermann, und ging im Leide, von tiefem Schmerz gebeugt. Alle Grafen und Edeln folgten dem schwarz verhülltem Sarge mit zweiunddreißig Wappen behangen, und oben drauf grünte ein Lorbeerkranz. Als nun der Leichnam ins Grab gesenket war, und alle Leidtragenden ein Ave Maria und Paternoster für die Ruhe der Seele in der Stille gebetet hatten, ging mir's durchs Herz, wie die ungeschlachten Totengräber die Erde herbeiharkten, daß die schweren Schollen mit dumpfen Getöse hinunter auf den Sarg rolleten, welches fürchterliche Geräusch einen Toten hätte auferwecken mögen. Der Grabeshügel wurde mit [472] Rasen belegt und mit drei steinernen Kreuzen besetzt, eines zum Häupten, eines zu den Füßen und eines in die Mitte, zum Gedächtnis, daß hier ein deutscher Held begraben sei 2.

Obgleich dieser ausführliche Bericht des getreuen Irwins den schönen Augen seiner Herrschaft wieder neue Tränen ablockte, so begnügte sie sich doch nicht daran, sondern forschte nach tausend kleinen Umständen welche sie genau zu wissen begehrte, denn die Leidenden wünschen immer ihre traurigen Ideen sich vollkommner auszumalen; der Schmerz gewährt endlich selbst ein trübsinniges Vergnügen, und dient dem Geiste zu einer Art von Unterhaltung. Irwin mußte der Gräfin die nämliche Erzählung täglich wiederholen, und sie fragte ihn bis auf die unbedeutendsten Kleinigkeiten aus, zum Beispiel, wie lang und breit die Trauerschleife war, welche die Ritter beim Leichenzuge um den linken Arm gebunden hatten; ob sie von Krepp oder von seidenem Flor war; ob ein Rappe zum Trauerpferd, und ein Schimmel, ein Falbe, ein Fuchs, oder Tiger zum Freudenpferd gebraucht wurde; ob die Handhaben am Sarge überzinnt oder übersilbert waren, und dergleichen interessante Dinge mehr, welches ihr indessen niemand verdenken konnte, denn die kleinste Modifikation einer Hoftrauer interessiert ja noch jetzt ein ganzes Publikum oft mehr als der Trauerfall selbst.

Die Apotheker und Wundärzte, denen die Balsamierung des gräflichen Herzens anvertrauet war, brachten damit ein volles halbes Jahr zu, weil entweder die dazu erforderlichen Spezereien in damaliger Zeit schwer zu haben waren, und aus fremden Orten mußten verschrieben werden; oder weil es bei der Heilzunft Herkommens ist, mit ihren Operationen, wenn sie Ausbeute geben, gar bedächtlich zu Werke zu gehen. Dagegen war das Herz auch so köstlich parfümiert, daß die Urne, in welche es eingeschlossen war, mit gutem Fug als ein Potpourri auf eine Konsole hätte gestellt werden [473] können. Die wehmutsvolle Witwe machte indessen von dieser heiligen Reliquie keinen so eiteln Gebrauch, sie ließ in dem Lustgarten ein prächtiges Monument von Alabaster und welschen Marmor errichten, auf dessen Gipfel die Bildsäule des Grafen in voller Rüstung, wie er zu Felde gezogen war, hoch emporragte. Tränenweiden und hohe Balsampappeln überschatteten dieses Grabmal, sie pflanzte viel Jasmin und Rosmarin rings um den Fuß desselben und setzte die Reliquie ihres Gemahls in dem porphyrnen Behältnis, welches sie täglich mit frischen Blumen umkränzte, in eine Halle desselben. Oft einsam traurend, oft von dem treuen Pagen begleitet, der ihr den Bericht von dem Hinscheiden des Grafen und den Begräbniszeremonien wiederholen mußte, saß sie stundenlang in dem Heiligtum der Liebestreue, bald schweigend und horchsam, bald in kalter melancholischer Ruhe, bald zu wärmern Gefühlen gestimmt, mit Schmerz und Tränen übergossen. Zuweilen strömten ihre Empfindungen in Worte über, und von ihren melodischen Lippen ertönte diese Totenklage:

»Wenn du geliebter Schatten, noch den edelsten Teil deines irdischen Leibes umschwebest, den dieser Aschenkrug verschließt, und ein unbemerkter Zeuge bist der Tränen treuer Liebe; so verbirg dich nicht dem Weibe deines Herzens, das nach dem Troste deines unsichtbaren Genusses mit heißer Sehnsucht ringt.

Laß mich durch ein sinnliches Merkzeichen deine Gegenwart fühlen; fächle als ein liebkosender Hauch des Zephyrs diesen ausgeweinten Augen sanfte Kühlung zu; oder rausche feierlich an den Marmorwänden dieser Grotte zum hohen Dom hinauf, daß die runde Wölbung widerhalle.

Wandle in leichten Dunst gehüllt vor mir vorüber, daß mein Ohr den gewohnten Gang deines männlichen Fußtritts vernehme; oder mein Auge aus dem Anblick deiner Gestalt noch einmal Wonne trinke. – –

Ach Schweigen des Todes und Stille des Grabes ist um mich her! Kein Lüftchen weht, kein Blättlein rauscht, es regt sich kein Odemzug, kein Hauch des Lebens!

Der unermeßne Raum des Himmels und der Erde trennt [474] mich von dir! Jenseit jenes funkelnden Sterns wandelt dein unsterblicher Geist, nicht mehr meiner eingedenk! Hört meine Klagen nicht, zählt meine Tränen nicht, blickt nicht mit sanfter Wehmut auf meinen Schmerz herab.

Weh mir! Ein schwarz Verhängnis zerreißt das eherne Band unsrer Gelobung! Du fliehst mich, Wankelmütiger! steigst mit leichtem frohen Mute über das blaue Luftgefilde hinaus. Ich Elende aber lebe, bin an die träge Erde gekettet, und kann dir nicht folgen!

Ach ich habe ihn verloren, auf ewig verloren, den Mann, den meine Seele liebte! Sein Geist kehret nicht hernieder, durch ein Merkzeichen mir den Trost zu gewähren, daß die Fackel seiner Liebe an den Schwellen der Ewigkeit nicht verloschen sei.

Hört meine Klagen ihr Wälder, und du Felsenkind, getreuer Widerhall, verkünde sie den fernen Auen und den sanftrieselnden Quellen. – Ich habe meinen Gemahl verloren, auf ewig verloren!

Nage unauslöschlicher Schmerz, an diesem kummervollen Herzen, und verzehre mein Leben, daß mein Gebein das Grab empfange, mein gequälter Schatten in den Wohnungen der Unsterblichkeit ihm begegne, und wenn er ihn ohne Liebe findet, eine Ewigkeit durchtraure!«

Ein ganzes Jahr besuchte die hochbetrübte Witwe das Monument Tag vor Tag, und überließ sich ganz den schwärmerischen Eingebungen ihres Herzens. Sie nährte noch immer eine geheime Hoffnung, daß die Liebe den Geist ihres Gemahls aus dem Schoß der Wonne auf einen Augenblick in die Unterwelt zurückführen würde, um durch ein Anzeichen, sie von seiner unwandelbaren Treue zu vergewissern. Jedesmal wiederholte sie die Totenklage um ihn an der Urne mit neuen Tränen zu beweinen. Dieses ausnehmende Beispiel der Liebestreue machte die ganze Nachbarschaft rege; alle Witwen, so weit das Gerücht von der treuen Jutta von Hallermünd erscholl, bequemten sich den bereits verziehenen Raub des Todes wohlstandshalber zu erneuern, und mancher längst vergessene Ehekonsort kam dadurch wieder in gutes Andenken. Selbst die Liebenden [475] gingen an dem Mausoleum ihr schönes Bündnis ein, glaubten solches dadurch fester und feierlicher zu machen, und ganze Scharen Minnesinger und empfindsamer Mädchen versammleten sich an schönen mondhellen Abenden daselbst und sangen die Liebe Graf Heinrichs des Wackern und der treuen Jutta von Hallermünd. Von den hochgegipfelten Balsampappeln aber mischte die Nachtigall ihre zärtlichen Liebesklagen in diese melodischen Gesänge mit ein.

Gleichwohl scheinen die allegorischen Köpfe der Dichter und Bildner ihre Symbolen auf sichere Erfahrung gegründet zu haben, wenn sie mit Vorbedacht die Hoffnung auf einen Anker stützen, die Standhaftigkeit an eine Säule lehnen, und den gewaltsamen Leidenschaften die vollwangigen Sturmwinde, oder die aufgetürmten Meereswogen als Exponenten ihrer bildlichen Darstellungen zuordnen. Der hartnäckigste Sturm ermüdet endlich, und das wogende Meer gewinnt seine Spiegelfläche wieder. Gleichergestalt ebnet sich in der Seele der bewegsame Umtrieb der Ideen, und der lange Atemzug der Leidenschaften ermattet; die düstern Wolken verschwinden, der Horizont klärt sich wieder auf und die Adspekten deuten auf Sonnenschein und trockne Witterung. Nach Verlauf eines Jahres, erscholl die bange Totenklage der zärtlichen Jutta weder so laut noch so [476] oft als vorher aus der Halle des Monuments; sie dispensierte sich von der täglichen Wallfahrt dahin, bei schlechtem Wetter, oder der entferntesten Ahndung eines rhevmatischen Zufalls, oder einer andern Verhindernis, und wenn sie keinen Vorwand hatte ihrer Observanz auszuweichen, so ging sie so gleichmütig zum Grabmal, wie eine Nonne in die Metten, mehr aus Gewohnheit, als aus Antrieb einer gelobten Pflicht Gnüge zu leisten. Die Augen verweigerten ihr die Tränen, und die Brust das Stöhnen, und wenn sich ja noch ein erpreßter Seufzer davon losriß, so war's nur schwacher Nachhall des vormaligen Gefühls; oder wenn er unwillkürlicher Ausbruch einer Empfindung war, so hatte er doch keine Beziehung auf die Urne, und die getreue Jutta errötete, ihr Herz zu befragen, wohin er gemeinet sei. Sie stund indessen ganz von dem schwärmerischen Gedanken ab, den Geist ihres Gemahls durch eine Totenklage in die Körperwelt zurückzuzaubern, um ihm eine neue Bestätigung des geheimen Artikels ihrer Eheberedung abzufordern.

Kurz die gute Gräfin fand, nach genommener Rücksprache mit ihrem Herzen, was bei einer jungen Witwe eben kein ungewöhnlicher Fall ist, daß eine Veränderung damit vorgegangen sei, und der Planet unter dessen Einfluß es bisher gestanden, sich zum Untergange geneigt habe, indem ein anderer hoch am Horizont heranstieg, der seine anziehende Kraft daran äußerte. Der schwarzäugige Irwin hatte, ohne es zu wissen, diese Revolution bewirket. Obgleich seine Funktion eigentlich nur darin bestund, vor seiner Herrschaft herzugehen, wenn die Tür eines Gemachs aufzutun war, und ihr zu folgen, wenn sie sich die Schleppe nachtragen ließ, so hatte er seit dem Ableben seines Herrn, noch das Nebengeschäfte demselben wöchentlich einigemal zu parentieren, und er besaß eine Wohlredenheit, wenn er den Bericht von den letzten Stunden des Grafen der trauervollen Jutta wiederholen mußte, daß sie nie müde wurde ihn zu hören. Immer fiel ihm noch eine kleine Anekdote ein, deren er bisher sich nicht erinnert hatte, er ergänzte nicht nur den Bericht von dem, was der Graf zuletzt noch gesagt [477] und getan, sondern auch was er in den Augenblicken, da die Seele von ihm schied, gedacht zu haben schien. Er kommentierte jede Bewegung, jede Miene des Sterbenden, die er beobachtet haben wollte, und wußte etwas Schmeichelhaftes für die Gräfin daraus zu folgern. Bald beteuerte er, aus seinen Augen gelesen zu haben, daß ihre reizende Gestalt, da schon Tod und Leben kämpfte, ihm noch vorgeschwebt habe; bald äußerte er den Wunsch, daß der entflohene Geist den unnachahmlichen Reiz ihrer edlen Schmerzen möchte beobachtet und das Wonnegefühl empfunden haben, ihre schönen Tränen ungesehen von den liebreizenden Wangen weggeküßt zu haben; bald pries er das Glück eines Ritters, von so holden Augen beweint zu werden, wenn er auf der Bahn der Ehre sein Leben verliere, und vermaß sich hoch, daß für eine einzige so köstliche Zähre sein eignes Leben dahin zu geben, er für Gewinn halten würde.

Anfangs, da der Schmerz noch neu war, achtete die Gräfin dieser Reden nicht viel, nachher fand sie gleichwohl ein unschuldiges Wohlgefallen daran, und endlich taten ihr diese Schmeicheleien so wohl, daß sie den Panegyristen durch die Erhöhung ihrer Reize, vermöge der Anordnung des Putzes, geflissentlich dazu aufzufordern schien. Ob sie gleich in der herben Totenklage den Schmerz herbeigerufen hatte, an ihrer Gestalt zu zehren, so war doch der verhaßte Zerstörer aller blühenden Reize zu bescheiden, ihr diesen traurigen Dienst zu leisten. Das schmachtende Augenpaar harmonierte so fein mit dem sanftrosigem Kolorit der Wangen, und des Busens wogender Schwanenglanz kontrastierte so lieblich mit dem schwarzen Trauerkleide, daß ein unwiderstehlicher Zauber ihre Wohlgestalt umfloß; denn nach dem Urteil der Kenner tut eine in Halbschatten gestellte Schönheit oft größere Wirkung, als wenn sie in vollem Lichte glänzt. Der lüsterne Irwin müßte keine Augen gehabt haben, oder kein Page gewesen sein, wenn er bei dem Anblick so vieler Reize unempfindlich geblieben wäre, er hatte den Schmetterlingsglauben jede Blume sei für ihn gewachsen; es galt ihm gleich, ob sie in einem umzäunten Lustgarten oder als eine Feldblume auf der Wiese blühete; [478] vermöge seiner buntfarbigen Schwingen meinte er, sei es ihm vergönnt, sich über Zaun und Mauren zu heben. Die Ehrerbietung, die er seiner Gebieterin schuldig war, hielt seine Leidenschaft zwar in den Schranken seines Herzens eingekerkert, aber sein Erröten, wenn ihr Auge dem seinigen begegnete, das Streben, aus jedem Winke ihren Willen zu erraten, die Geflissenheit solchen zu erfüllen, und das Verlangen, wenn sie sich mit ihm unterhielt, ihr stets was Angenehmes zu sagen, veroffenbarten genugsam, diese ungewöhnliche Anhänglichkeit an seine Herrschaft habe eine andere Bewegursache als angelobte Pflicht, und die Gräfin erriet das Geheimnis ohne Mühe, vermöge des ihrem Geschlecht gewöhnlichen hermenevtischen Scharfsinnes in Herzensangelegenheiten. Diese Entdeckung mißbehagte ihr so wenig, daß sie die stumme Intrike, wobei es nie zu einer wörtlichen Explikation kam, zur unschuldigen Beschäftigung des Herzens, weil eine junge Witwe doch nicht immer wie eine Turteltaube um den verlornen Gatten girren und klagen kann, zu unterhalten suchte. Doch der genährte Funke fand in ihrem Herzen so viel Zunder, daß er bald zur lichten Flamme aufloderte. Der schlaue Irwin bemerkte mit geheimer Freude die zärtlichen Gesinnungen seiner Gebieterin, und was er vorher seiner Phantasie nicht erlaubt hatte ihm vorzuträumen, wurde jetzt eine ernsthafte Beschäftigung seiner Überlegung, und seine Pagendreustigkeit schmeichelte ihm mit der Hoffnung, dereinst wohl gar der Gemahl seiner Herrschaft zu werden. Das erste Gefühl der Liebe fachte diesen Gedanken so in seinem lüsternen Herzen auf, daß er sich zu einem Wagestück entschloß, sein Glück aufs höchste zu treiben.

[479] Einsmals als er die Gräfin zum Monument begleitet, von den Gefühlen der Zärtlichkeit im allgemeinen lange mit ihr gekoset hatte, und aus ihren Blicken und Gebärden wohl verstund, was für eine Nutzanwendung sie von dieser philosophischen Abhandlung in ihren Gedanken machte, kam er mit einem schnellen Übergange auf das Thema, worauf er sich zubereitet hatte. »Edle Frau«, hub er seine Rede an, »auf der Welt hat der Mensch keine bleibende Stätte und alles Ding hat seine Zeit, das hab ich reiflich bei mir erwogen, darum begehr ich von Euch meinen ehrlichen Abschied, denn es bedünket mich Zeit zu sein, daß ich nun nach dem Beispiel meiner Ahnen zu Wehr und Waffen greife, sintemal ich die Kinderschuhe vertreten habe, und forthin es nicht mehr mir ziemen will, einer Dame die Schleppe nachzutragen.« »Ach guter Irwin«, gegenredete die Gräfin, »wie kommt dir so plötzlich zu Sinne, aus meinem Dienst zu scheiden? Hab ich dich nicht ehrlich als meinen Diener gehalten, und dir alle Lieb und Gunst bewiesen, die einer frommen Herrschaft gegen ihr Gesinde zustehet? Sag an, was irrt dich? Was treibt dich von mir zu ziehen?«

Irwin

»Ach mich quälet dies und das,
Drückt mich, weiß selbst nicht was,
Quält mich Seelenpein,
Enget das Herz mir ein,
Muß in die weite Welt,
Rasch über Tal über Feld,
Obschon sonst keinerwärts,
Wonach verlangt mein Herz,
Als hier in Hallermünd
Ich seh und find.«

Die Gräfin ließ sich die Qual des guten Irwin gar sehr zu Herzen gehen, ob sie gleich über seinen Zustand mehr [480] Freude als Mitleiden empfand, sie wünschte nur eine deutlichere Erklärung von ihm, darum forschte sie weiter: »Was beunruhiget dein Gemüt? Ist's Durst nach Ehre und der Ritterwürde; oder Überdruß an der Einförmigkeit dieses Wittums; oder Kitzel jugendlichen Übermutes; oder ist ein Funke der betrüglichen Leidenschaft in deiner Brust entglommen, der dich bangt und quält? Sag's frei heraus, was für ein Sturm in deiner Seele braust?«

Er

»Ihr wollt es so, es sei!
Mich drückt die Liverei.
Hab lang genug gedient für Knecht,
Und sehne mich nach Herrenrecht.
Was hilft mir's daß die Rose blüht,
Und dort die edle Traube glüht?
Hab ich davon Nutz und Genuß,
Wenn ich sie sehn und missen muß?«

Die Gräfin begriff vollkommen den Sinn dieser Worte, und sahe wohl ein, welche Hoffnung und Wünsche Irwin in seinem Busen nährte, die er seiner Gebieterin in der Qualität eines Ganymeds deutlicher zu offenbaren sich scheuete. Sie wünschte diese Hoffnung zu unterhalten, ohne die Gesetze des Wohlstandes dabei zu übertreten, darum trug sie ihren Gebärden auf, das erste auszurichten, und ihrem Munde, das zweite zu bewirken. Sie schlug die Augen etwas verschämt zur Erde nieder, zupfte eine Bandschleife zurechte, und sprach mit sanftem Erröten: »Die Rose blüht und die Traube reifet, unbekümmert, welcher Busen strebt, sich mit jener zu schmücken, und welchem Gaum nach dieser lüstet. Ihnen genüget den Geruch zu erquicken und das Auge zu ergötzen, den Verständigen erfreuet ihr Anblick und er geht mit Entzücken vorüber. Der Unverständige streckt seine Hand aus, eine Traube zu erreichen, die er nicht erlangen kann, oder eine Rose zu pflücken, deren Dornen ihn [481] verwunden.« Diese allegorische Sentenz aus dem Munde der schönen Witwe, enthielt für den raschen Irwin weniger Trost, als der pathognomische Ausdruck ihrer Gebärden. Der dreuste Page schwieg, er seufzete, sahe trübsinnig vor sich hin zur Erde, und seine Herrschaft war so gefällig, diese bedeutsame Pantomime nachzuahmen. Doch wenig Tage darauf war der Junker stattlich ausgerüstet, die Gräfin ließ ihn wehrhaft machen, er schwang sich auf das Leibroß seines erbleichten Herrn, und zog mit frohem Mute zur ersten Ritterfahrt davon.

Die Abwesenheit war seiner Herzensangelegenheit eher förderlich als nachteilig. Die Gräfin empfand bald Langeweile in ihrem einsamen Wittum, da der teilnehmende Zeuge ihrer Totenklage nicht mehr vorhanden war. Ihr Schmerz fand keine Nahrung mehr, ganz andere Gedanken beschäftigten jetzt ihre Seele, sie dachte mit Ernst darauf, den ehemals so fest verschlungnen Liebesknoten aufzulösen, und weil sie viel auf sinnbildliche Deutung hielt, so fiel ihr ein, zur angenehmen Zeitkürzung einen Versuch zu machen, ob die Sache möglich und tunlich sei. In einer einsamen Stunde öffnete sie das goldne Herz, welches sie im Busen trug, und nahm das darin verwahrte Dokument der Liebestreue heraus, besah es lange, den Gang des verborgenen Gewindes auszuspähen und die Fäden gemachsam auseinander zu wirren. Ihr kunstreicher Finger war so geschäftig bei dieser Arbeit, daß es ihr wirklich gelang, die äußern Schleifen zu lösen; aber dem innern Kern war durch alle Kunst und Mühe nichts abzugewinnen. Ihre Geduld ermüdete endlich, und um ihr Geschäfte doch nicht unvollendet zu lassen, nahm sie die wirksame Schere zu Hülfe, die ihr eben den Dienst tat, den das Schwert des großen Alexanders bei Auflösung des Gordischen Knotens geleistet hatte, und nun war gegen die Möglichkeit, einen fest verschlungenen Liebesknoten aufzulösen, nichts mehr einzuwenden.

Nach dem Begriff der guten Gräfin hätte ihr nun billig das Recht gebühret, alsbald einen neuen Knoten zu schürzen und in ihr goldnes Amulett zu verbergen, da der erste [482] nicht mehr vorhanden war; doch ein beunruhigender Zweifel begegnete ihr recht zur ungelegensten Zeit, da sie eben im Begriff war die Hand ans Werk zu legen. Ein Liebesknoten, sprach sie zu sich selbst, ist doch eigentlich nur ein Sinnbild irdischer Verbindung, und ein solches Band ist leicht zu lösen, der Tod hat mit seiner Sichel das ja bereits schon getan, was die Schere nachgeahmt hat. Aber mit dem Gelübde für die andre Welt hat es vielleicht nicht gleiche Bewandtnis. Wie könnt ich mit einem geteilten Herzen eine Ewigkeit ausharren, unter immerwährenden Vorwürfen zweier Teilhaber, deren jeder zu dem Ganzen berechtiget zu sein glaubte? Diese Verlegenheit machte sie viel Tage lang mißmütig und traurig, und weil sie sich in einer solchen Gewissenssache nicht zu raten wußte, beschloß sie, einem ehrwürdigen Herrn, dem sie eine genauere Bekanntschaft mit himmlischen Dingen als sich selbst zutrauete, ihr Anliegen vorzutragen.

Der Probst zu Eldagsen stund in dem Rufe eines frommen und tiefgelehrten Mannes, der die spitzigsten Fragen, die intellektuelle Welt betreffend, mit scholastischer Weisheit aufzulösen wußte. Denn was ist spitziger als eine Nähnadel? Und gleichwohl wußte der seraphische Prälat zu sagen, wie viel himmlische Geister auf diesem Ruhpunkte Platz nehmen könnten. Warum sollte er nicht auch von den himmlischen Matrimonial-Gerechtsamen Auskunft geben können? Die Gräfin ließ anspannen, und fuhr mit geängstigtem [483] Herzen zu dem weisen Prälaten. »Ehrwürdiger Herr!« sprach sie, »mich treibt ein sonderbar Anliegen zu Euch, welches ich Euch wohl eröffnen möchte, so Ihr mir Rat und Belehrung erteilen wollet!« Der Probst zu Eldagsen war bei aller philosophischen Grübelei dem schönen Geschlecht nicht abhold, und tröstete gern die Damen, die sich in ihren Kümmernissen an ihn wendeten, insonderheit wenn sie jung und schön waren. »Was beunruhiget Euer edles Herz, tugendsame Frau?« frug er. »Offenbart mir Euren geheimen Kummer, daß ich Euch mit himmlischen Trost erquicke.« »Ein unbedachtsames Gelübde«, antwortete sie, »das mir die Liebe abgezwungen hat, macht mir Kummer: ich habe verheißen, das Band der Ehe mit meinem Gemahl, jenseit des Grabes zu erneuern, und es zu bestätigen ewiglich. Aber ist ein junges Weib im Lenz des Lebens wohl Meisterin ihres Herzens? Soll ich meine Jugendzeit als Witwe einsam vertrauren, um einer Hoffnung entgegen zu harren, von der ich nicht weiß, ob sie zu gewähren stehet? Belehret mich, ehrwürdiger Pater, ob die Liebenden sich einst wieder in Liebe begegnen, oder ob alles was auf Erden gebunden ist, in jenem Leben frei und ledig sei?« »Freilich! Freilich!« erwiderte der korpulente Probst, »ist alle irdische Verbindung in Edens Gefilden aufgehoben, das versteht sich! Wie kann davon noch die Frage sein? Wisset Ihr nicht, edle Frau, daß man dort oben nicht wird freien noch sich freien lassen? Wie könnte auch der Ehestand im Schoß der Wonne stattfinden, da er ist ein Wehestand; denn die glücklichsten der Ehen haben laut Zeugnis der Erfahrung gleichwohl ihr böses Ehestündlein; wie paßte sich aber Ehezwist und Mißmut zu den Wohnungen des Friedens? Euer Bündnis hat der Tod zerrissen, Ihr seid so frei und ledig als das Vöglein in den Lüften, oder das Rehe in den Wäldern, das den Netzen des Jägers entronnen ist. Wenn Ihr aber Euer Gewissen mit einer unbedachtsamen Gelübde beschweret habt, so ist auch dafür Rat: Der heiligen Kirche ist gegeben die Gewalt, Euch davon zu entbinden. Bedenket mein armes Kloster, so will ich Euch Dispensation vom Bischof verschaffen, so viel Ihr bedürfet, ein neues Bündnis einzugehen, ohne daß Euch [484] die Sünde soll behalten werden, weder in diesem noch in jenem Leben.«

Die gewissenhafte Jutta war nun nach Wunsche belehrt, daß die Eheberedung mit ihrem verstorbenen Herrn nichts weiter als eine zärtliche Grille gewesen sei; ihr ganzes System von der verklärten Liebe war umgeformt. Sie beruhigte ihr Gewissen in Ansehung der voreiligen Gelobung, machte den Handel mit dem Prälaten richtig, bedachte sein armes Kloster, und wurde darauf von ihm zu einer reich mit Silber besetzten Tafel geführet, so leichten und frohen Mutes als ein entfesselter Sklav, dem unvermutet die Ketten abgenommen werden, und der nun den Reiz der Freiheit wieder schmeckt. Der Wunsch ihres Herzens war nur, daß der schöne Irwin von seiner Ritterfahrt bald wieder heimkehren möchte, um mit ihm den Bund der Liebe zu schließen, doch nicht über die Grenzen dieses Erdenlebens hinaus, damit wieder eintretenden Falls keine Dispensation weiter nötig sei. Der flinke Ritter verzog nur allzulange mit seiner Wiederkehr, und die Sehnsucht goß immer mehr Öl in die Flammen der Liebe.

Eine der dornichsten Fragen, worüber in der Schule der Liebe pro und contra gestritten wird, ist die, ob die erste oder die zweite Liebe stärker und mächtiger sei. Geradezu läßt sich das Problem schwerlich entscheiden; aber es ist ein richtiger Erfahrungssatz, daß eine junge rasche Witwe, welche mit dem Gefühl der Zärtlichkeit bereits bekannt ist, bei der zweiten Wahl stets brünstiger und feuriger liebt als bei der ersten im dämischen Noviziat der Liebe. Die zärtliche Jutta wußte ihre Leidenschaft so wenig zu mäßigen, daß sie sogar das bescheidene Gewand der Sittsamkeit und scheuen Zurückhaltung, welches vormals die Gesetze des Wohlstandes dem schönen Geschlecht aufbürdeten, abzulegen kein Bedenken trug.

»Ach Irwin, Augentrost!« seufzete sie laut und offenbar; »ach Irwin, Herzgespiel! Ach Irwin, Löschebrand! Wie lange weilest du im Waffenfelde? Die Traube glühet dir, die Rose blühet dir und winket zum Genuß. Du Lüftgen, das so sanft um meinen Busen spielt, eil meinem Ritter nach, [485] und weh den Duft von meiner Zärtlichkeit in sein bepanzert Herz, daß er des Kampfs vergißt, und nach dem Siege ringt, den Liebestreue krönt.«

Ob das Lüftgen so gefällig war die Botschaft auszurichten; oder ob der junge Ritter aus eigner Bewegung den Heimweg nahm, daran liegt wenig, gnug ehe man sich's versah, war Ritter Irwin da, und mit ihm kehrte die laute Freude wieder nach Hallermünd zurück, die seit dem großen Balle aus der Residenz verbannet war. Die Gräfin legte die Trauerkleider ab, und empfing den stattlichen Ritter nicht als ihren vormaligen Diener, sondern als einen Herrn. Sie stellte ihm zu Ehren ein großes Gastmahl an, und ließ ihm den Becher kredenzen, den er ihr noch vor kurzer Zeit selbst kredenzt hatte. Darüber machten die weisen Damen aus der Nachbarschaft mancherlei Glossen, und die Scharfsinnigen errieten, was sie immer wollen vorher gesehen haben, wenn sich die Sache von selbst veroffenbaret, daß sich zwischen der Gräfin und dem feinen Ritter eine Liebe entsponnen habe, welche der Altar bestätigen würde. Zwar hätten sie noch vor kurzem hundert gegen eins gewettet, daß die treue Jutta sich nicht wieder vermählen würde; aber nun hätten sie die Wette gern umgekehrt, wenn jemand zu finden gewesen wär, der sie hätte eingehen mögen. Indem die vier umliegenden Grafschaften die Lehre von der Möglichkeit und Wirklichkeit einer zweiten Liebe der Gräfin von Hallermünd mit metaphysischen Tiefsinn erörterten, war Ritter Irwin darauf bedacht, sich seiner Liebesbeute zu versichern, und dadurch der ganzen Kontrovers ein Ende zu machen. Er wagte auf dem Fittig der Liebe den kühnen Flug, sich zu seiner vormaligen Herrschaft zu erheben, und ungescheut um sie zu werben. Die wankelmütige Jutta hatte den ersten Schritt bereits getan ihrer Gelübde sich zu entschlagen, der zweite kostete ihr weniger, auch ihres Standes zu vergessen und eine Staffel von der Ehrenbühne des Ranges abwärts zu steigen, das Urteil der großen Welt zu verschmähen, und den Trieben ihres Herzens nachzugeben. Sie kam dem Glücklichen auf halbem Weg herablassend entgegen, erhörte seine Wünsche und schloß mit ihm den zärtlichen [486] Liebesverein, welchem nichts mangelte als die priesterliche Benediktion, die der gefällige Probst zu Eldagsen den Verlobten zu erteilen bereit und willig war. Alles Nasenrümpfen der gräflichen Sippschaft war nun vergebliche Grimasse, die Anstalten zum Beilager wurden mit großem Pomp gemacht, und die reiche Braut beeiferte sich, an ihrem zweiten Hochzeitfeste durch Pracht und Glanz das zu ersetzen, was ihm an Würde gebrach.

Ungefähr einen Mondenwechsel vor Vollziehung dieser Feierlichkeit, lustwandelte die schöne Braut am Arm ihres geliebten Ritters eines Abends noch ganz spät in dem Lustgarten, um ihn zu belehren, daß für ihn die Rose blühe und die Traube reife. Unter dem Geflüster traulicher Gespräche hatte das liebende Paar nicht acht auf den Weg den sie genommen hatten, der Zufall führte sie unvermerkt in die [487] Gegend des Monuments, das in einsamer Stille ganz verlassen stund, da es die Gräfin seit langer Zeit nicht mehr besuchte. Der Mond beleuchtete die Vorderseite desselben mit vollem Lichte, und die schauerliche Mitternachtstunde machte diesen Anblick recht feierlich. Von ungefähr hob die Neuverlobte die Augen auf, ihr Blick traf auf die Bildsäule oben auf dem Dom des Grabmals. Da kam's ihr vor, als wenn der kalte Marmor Leben und Wärme empfing wie das Meisterstück Pygmalions, welches der Enthusiasmus des Künstlers beseelte. Das Standbild schien sich zu regen, es erhob die rechte Hand und bildete den Ausdruck einer Warnung oder Drohung vor. Ein banger Schauer durchbebte das Herz der Bundbrüchigen bei diesem Wundergesicht, sie schreckte zurück, tat einen lauten Schrei und verbarg ihr Haupt in des Ritters Busen. Irwin bestürzte, wußte nicht was diese ängstliche Gebärdung veranlaßte. »Woher das Zagen und Beben Eurer zarten Glieder geliebte Gräfin?« redete er sie an; »fürchtet nichts, Ihr seid in meinen Armen, die Euch für aller Gefahr schützen, solange dieses Herz in meinem Busen schlägt.« »Ach Irwin trauter Ritter«, lispelte die Erschrockene mit zagender Stimme, »sehet Ihr nicht, wie das Standbild auf dem Grabmal fürchterlich winket, und mit aufgehobener Rechte mich bedroht? Hinweg von diesem grausenvollen Orte, wo mich Schrecken des Todes umringen!« Dem verliebten Ritter kam diese Vision jetzt sehr ungelegen, darum bemühete er sich solche alsbald wegzuräsonieren. »Ist's nicht mehr als dieses Gaukelspiel der Phantasie«, sprach er, »was Euch beunruhiget, so lasset Euren Kummer schwinden. Ein schwankender Schatten der hohen Ulme, welche ein Lüftchen gebeuget, und der bleiche Strahl des einfallenden Mondenlichtes, hat Euer Auge getäuschet, und aus dieser Mischung des Schatten und Lichtes hat Eure schöpferische Imagination ein Schreckbild zusammengebauet, welches der melancholische Eindruck der Mitternachtstunde vollendet hat.« »Mit nichten!« versetzte die Gräfin; »mein Auge hat mich nicht betrogen; die Bildsäule hat sich gereget und mich bedräuet meiner Gelübde eingedenk zu sein. Ach Irwin, lieber Irwin! ich kann und darf die [488] Deinige nicht werden!« Diese Rede fiel wie ein erstickender Schwaden auf Irwins Herz, benahm ihm Leben und Atem und das Wort erstarb auf seiner Zunge. Er simulierte die ganze Nacht, wie er der schönen Jutta den chimärischen Gedanken entreißen möchte, und da er mit seinem Sinnen und Forschen nicht fand was er suchte, saß er früh auf und ritt zum klugen Manne, dem weisen Probst zu Eldagsen, sich dieses kritischen Umstands halber Rats zu erholen, denn er wußte selbst eigentlich nicht was er von der sonderbaren Vision, auf deren Zuverlässigkeit die Gräfin beharrete, denken sollte. Er trug ihm sein bängliches Anliegen vor, und der Probst, als der hellste Kopf seiner Zeit, urteilte davon gar vernünftig, daß die Erscheinung nichts als Betrug der Sinnen sei, machte sich auf und zog mit nach Hallermünd zur Gräfin, sie zufrieden zu stellen. »Kümmert Euch nicht, edle Frau, um die Toten«, sagt' er ihr; »die Toten kümmern sich ja auch nicht um die Lebendigen. Mit dem Tode hört alle Verbindung auf, welche die Liebe auf Erden geschlossen hat. Ich bin gewiß, wenn anders Euer Gemahl aus den Fenstern des Himmels auf Euch herabschauen kann, daß es ihn freuen wird, die Tränen Eurer Zärtlichkeit versiegt zu sehen, er wird sogar die Wahl Eures Herzens billigen und Euer Bündnis segnen.« Diese Hypothese eines so aufgeklärten Kopfes über die Denkungsart der Verklärten, verschlang das Ideal der zärtlichen Schwärmerei so schnell und leicht, wie eine der magern Kühe des Pharao eine von den fetten. Die unterbrochenen Zubereitungen zum Beilager erhielten wieder ihren Fortgang, und noch an dem nämlichen Tage wurde das Brautkleid gewählt und in Arbeit genommen.

Gleichwohl verbreitete sich das Gerücht immer mehr, es gehe bei dem Monument nicht mit rechten Dingen zu, das Heiligtum der Liebenden würde durch mancherlei Spukereien entweihet. Manch zärtlich Paar das sich dort eine geheime Zusammenkunft gab, wurde von panischem Schrecken befallen und verscheucht. Es rauschte im Gebüsche, es tosete in der Halle, zuweilen hüpfte ein blaues Flämmlein zwischen den dichtbelaubten Tränenweiden gleich einem[489] [491] Irrlicht hin und her, und oft wandelte ein langer weißer Schatten um das Monument herum. Eine Bande Harfner und Minnesinger, die gekommen waren, das Lied der Liebestreue nach Gewohnheit ertönen zu lassen, wurde mit einem nachdrücklichen Steinhagel bewillkommt und in die Flucht getrieben, und eine helle Feuerflamme brach aus der Grotte hervor, als wenn ein Volkan seinen fürchterlichen Schlund darunter er öffnet hätte, der einen glühenden Lavastrom ausgöß. Ganz Hallermünd wußte von diesen Spukgeschichten zu erzählen, aber bei Hofe hatte die Starkgeisterei auf einmal so überhand genommen, daß man diese Sagen für eitel Geschwätz und Märchen hielt. Die Höflinge trieben nur ihren Spott damit, oder wenn sie offenbare Tatsachen geradezu nicht leugnen konnten, vernünftelten sie doch alles aus natürlichen Ursachen herbei, obgleich keiner es wagte nach Sonnenuntergang in den schauervollen Lustgarten einen Fuß zu setzen.

Der Tag der zur Vermählung angesetzt war brach nun heran, es war einer der längsten des Sommers, demungeachtet reichte er kaum zu, die Braut mit alle den köstlichen Reizen zu schmücken, welche an Hoffesten die Eurhythmie der schönen einfachen Natur zu verdrängen pflegen. Die nächtlichen Schatten bedeckten bereits Täler und Wälder, und tausend flimmernde Wachskerzen beleuchteten das Schloß, da die schöngeschmückte Jutta mit allem Pracht der Üppigkeit hervorging, um sich von dem entzückten Irwin an den Altar zur Trau führen zu lassen, wo der dienstfertige Probst zu Eldagsen in pontificalibus ihrer schon lange wartete. Die hohe Burg ertönte von lautem Freudengetümmel, denn die Gräfin war bedacht gewesen durch reiche Spenden sich von ihrem Hofgesinde eitel freundliche Gesichter zu erkaufen, um in keiner Miene einen Vorwurf über die zweite Heurat zu lesen. Der stolze Brautzug wälzete sich langsam feierlich über den mit Blumen bestreuten Schloßhof zur Kapelle hin. Aber hoch auf dem Dache derselben saß eine ächzende Wehklage, und wimmerte ihren Unglücksruf aus hohler Kehle hervor. Die Hofhunde erhoben dazu ein fürchterliches Geheul, und die nachbarliche Eule antwortete dieser [491] grausenden Intonation aus dem düstern Winkel eines alten Turms. Da winkte der Hochzeiter den Pfeifern, daß sie vom Söller mit Zinken und Posaunen bliesen, damit die Gräfin nicht das Miaulen der Wehklage und das kreuschende Eulengeschrei vernehmen möchte.

Die Trauung wurde nach den Verordnungen der heiligen Kirche vollzogen; aber o Wunder! auf dem Rückwege vom Altar nach dem Speisesaal, verlosch plötzlich die hochzeitliche Fackel, mit welcher der Silberpage als Hymenäus den Neuvermählten vorleuchtete, über welches sonderbare Ereignis die Schwachen mancherlei sorgsame Spekulationen zu äußern sich nicht entbrechen konnten, obgleich die Starken nicht ermangelten alles aus natürlichen Ursachen zu erklären.

Bis zur schauerlichen Mitternachtstunde wurde in aller Fröhlichkeit bankettieret. Kaum aber hatte der Schloßwächter die zwölfte Stunde abgerufen, so erhob sich plötzlich im Schlosse ein fürchterliches Getöse, gleich dem Brausen eines heftigen Windes; es rasselte an den Fenstern, die Mauern und Wände erbebten, daß die Gläser auf der Tafel klirreten, die Balken krachten, es schlug mit den Türen auf und zu. Die Wachskerzen brannten so dunkel als Totenlichter, dagegen erhellete ein ungewöhnlicher Schimmer wie eine schnellauflodernde Flamme das Vorgemach, welches alle die zur Tafel saßen in Schrecken und Verwunderung setzte. Alle Gäste saßen da in stummer Bestürzung, und keiner hatte das Herz dieses ungewöhnliche Meteor aus natürlichen Ursachen zu erklären.

Plötzlich erhob die Gräfin ihre Stimme und rief mit ängstlicher Gebärde: »Hilf Gott welch ein Gesicht! Ach mein Gemahl der Graf kommt, sich zu rächen!« Als sie das gesagt hatte, sank sie auf dem Stuhl zurück, schloß die schönen Augen zu und gab kein Zeichen des Lebens mehr von sich. Groß war das Herzeleid in Hallermünd, da die Trauer so schnell mit der hochzeitlichen Freude wechselte. Ritter Irwin stund wie versteint vor Bestürzung da, unbewegsamer als das marmorne Standbild auf dem Monumente. Die Ärzte wurden herbeigerufen die Erblaßte wieder ins Leben zu [492] bringen, aber ihre Kunst und Mühe war vergebens. Denn obgleich der entseelte Körper vierundzwanzig Stunden lang seine natürliche Wärme behielt, wie es geschehen soll bei denen, die in einer Verzückung gestorben, vom Alp erdrückt, oder von einem Gespenste sind erwürget worden: so war die Seele doch bereits entflohen und auf dem Wege nach der Ewigkeit. Die Kunst der Ärzte begnügte sich, den schönen Leichnam der Verwesung zu entreißen, den sie aufs fleißigste einbalsamierten, und insonderheit das Herz, das sie in der Urne unter der Halle des Grabmals verwahrten. Und so wurden die Herzen die im Leben untrennbare Einigung sich gelobt hatten, im Tode dennoch miteinander vereinbaret. Ob aber die Seelen in jener Welt den auf Erden zerrütteten Liebesbund erneuert, und sich wieder so vereinbaret haben als ihre Herzen in der Urne, davon ist bis jetzt noch keine avthentische Nachricht in diese Unterwelt gelanget.

[493][497]

Fußnoten

1 Bei Gelegenheit einer aerostatischen Fete in Toulon, hatte ein mutwilliger Zuschauer den Einfall, statt des mißlungenen Experiments eine Erdscholle steigen zu lassen, welche zufälligerweise einen unjovialischen Irländer auf den Kopf traf. Dieser erwiderte den Wurf mit einem Gegenwurf, und weil er eben nichts anders zur Hand hatte, brauchte er dazu den Stuhl worauf er saß, und schleuderte solchen nach der Direktion hin, wo die Erdscholle hergekommen war, der Stuhl wurde augenblicklich mit Protest zurückgeschickt, und nun flogen die Stühle wie Schwalben in der Luft und es regnete ausgeworfenene Zähne wie Schloßen. Viel Menschen- und Stuhlbeine wurden zerbrochen, und der große subskribierte Ball der das Fest krönen sollte wurde rückgängig.

2 Die drei steinernen Kreuze sollen noch auf dem Schlachtfelde in der Stedinger Grenzflur zu sehen sein. Wie denn dergleichen Merkzeichen im Felde häufig gefunden werden, worunter die Volkssage gemeiniglich einen alten Helden zu begraben pflegt.

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TextGrid Repository (2012). Musäus, Johann Karl August. Märchen. Volksmärchen der Deutschen. Liebestreue. Liebestreue. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5DA3-3