[19.]

Corydon sprach mit Verlangen
Zu der liebsten Feldgöttin:
[23]
Wer' es, Lydia, dein Sinn,
Daß du woltest mich umfangen,
Daß wir möchten noch in Freud'
Enden unsre junge Zeit?
Alles Wildniß in den Wäldern
Schmeckt die süße Liebeskost;
Es gebrauchen sich der Lust
Herd' und Hirten auf den Feldern;
Wollen wir dann ohne Freud'
Enden unsre junge Zeit?
Alle Vögel in den Lüften
Hört man singen für und für,
Alle Nymphen da und hier
Sieht man neue Heirath stiften;
Ei, laß uns doch auch in Freud'
Enden unsre junge Zeit.
Zwar, der Wahrheit nicht zu schonen,
Ich bin nur ein Bauerknecht,
Doch noch eins so fromm und recht,
Als die in den Städten wohnen;
Drum so laß uns doch in Freud'
Enden unsre junge Zeit.
Ich weiß gar wol deine Sinnen,
Du vermeinst, es were Kunst,
Wann du mich durch Liebesbrunst
Würdest ganz verzehren können;
Darum solln wir ohne Freud'
Enden unsre junge Zeit.
Nymphe, wilst du mir entgehen,
Weil ich nur vom Dorfe bin?
Schau auf alle Götter hin,
Die nach Baurenliebe stehen;
Können wir dann ohne Freud'
Enden unsre junge Zeit?
Venus hat vielmal geschlafen
Bei Adonis in dem Wald,
[24]
Ob gleich schon sein Aufenthalt
Nirgend war als bei den Schafen:
Wir nur wollen ohne Freud'
Enden unsre junge Zeit.
Doch ich wil mich nicht betrüben,
Ich begehr' es nicht so sehr;
Aber denke, wer dich mehr
Wird als ich so heftig lieben,
Wann wir jetzund ohne Freud'
Enden unsre junge Zeit.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Opitz, Martin. Gedichte. Weltliche Dichtungen. Oden oder Gesänge. [19.] [Corydon sprach mit Verlangen]. [19.] [Corydon sprach mit Verlangen]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-6189-6