Nr. 39. Der Kreuzberg.
Die Zwerge vom Kreuzberge schoben einst den Menschen eins ihrer Kinder unter. Da nahmen die Menschen eine halbe Eierschale, Wasser darin zu kochen, und das Zwergkind sagte: »Mutter, wat wutte da maken?« Die Mutter sagte: »Dik Thee inne kooken.« Da sagte das Kind:
Damit war das falsche Kind fort und das rechte wieder da. Es war gebracht von einem Zwerge, der sagte dem Knaben: [23] er sollte auf den Sonntag allein vor das Zwergloch kommen und rufen. Er erzählte aber, daß die Zwerge äßen von Silber und Gold. Zeug hatte er von den Zwergen bekommen, wenn das zerriß, strich ein Zwerg mit der Hand darüber und es war heil; hatte er ein Loch im Kopf, so ward von den Zwergen mit bloßer Hand darüber gestrichen und es war heil: er hatte das eine Bein meist in der einen Hand gehabt, auf dem anderen hatte er gehuckt. Er hatte gesessen auf einer Hütsche, zum Schlafen kroch er in eine Mütze, dann trugen sie ihn wohin und er schlief besser wie im Bette. Er wäre dann fortgewesen, wüßte nicht wohin, sagte er. – Den Sonntag brachten die Seinen ihn aus dem Thore. Vor dem Loche rief er einen Namen und der Gerufene stand da und machte ihm Vorwürfe, weil er geschwatzt habe. Doch sagte er: wenn er sich gewaschen habe, solle er vor den Tritt gehen, dann solle Geld daliegen, dafür solle er verschwiegen sein. Zum Anfange bekam er 100 Thaler, 10 Thaler sollte er seiner Mutter geben, das übrige verborgen an bestimmte Leute. Er solle sich aber ja des morgens vorher erst jedesmal waschen. Es zeigte sich, daß er drei Tage fortgewesen, vor dem Loche war es aber nicht dunkel geworden. Seinen Eltern gab er einen Teil des Geldes. Am anderen Morgen lagen da für ihn 4 Gr., für die Mutter 4, für den Vater 8, also gerade das Tagelohn. So ging es einige male, bei den Eltern aber erwachte die Neugier. Die Frau stand einst auf und sah den Jungen das Geld wegnehmen, bekam aber dann sogleich einen Nasenstüber, und dabei rief es: so neugierig (»nie-tie'g«) wie du sind alle Frauensleute! Ihre Nase schwoll an, der Doktor wollte den Ursprung der Krankheit wissen. Sie aber schwieg, verlor die Nase und verfluchte den, der das Geld gebracht haben sollte. Der Knabe wurde zum Sonntag um 11 Uhr wieder nach dem Kreuzberge bestellt. Dort gab die Erscheinung ihm einen Topf, da sollte er hineinstippen und seiner Mutter die Nase wischen, dann würde sie gut werden, ebenso aber würde es helfen, wenn sonst jemand krank oder verwundet wäre. Und so geschah es auch. Der Junge aber wurde zuletzt Ritter von der Harburg, die Quarge von der Harburg mußten fort und zogen bei Nacht und Nebel ab. Die zwei ältesten mußten alles aus dem [24] Loche ihm zu Füßen legen, auch alle Nebelkappen. Die Zwerge wurden gefragt: wohin sie wollten? Nach Goslar in den Rammelsberg zum Kaiser Otto, antworteten sie. Der Ritter setzte danach eine Nebelkappe auf und in dieser wünschte er, daß sein Schloß auf dem Berge gegenüber stände, da stand's da und guckte plötzlich gegen die Harburg, auf der sein Schloß bisher gestanden hatte. Der Ritter aber nannte sich den roten Ritter, und nach der roten Farbe, nach der er selbst sich nannte, hieß er auch das neue Schloß Warnige-rooe. Und weil sein Schloß fortgerückt war, nannte ers: Warnigerode-Rochefort.
Fußnoten
1 Schimmerwald.