[148] Nr. 160. Die Schalk.

Nicht weit vom Zellerfeld und vom Schulenberg liegt ein langes und breites Thal, das heißt die Schalk. Darinnen solls sonst nicht recht sicher gewesen sein. Es haben aber gewöhnlich viele Heidelbeeren da gestanden, und die sind denn auch jedesmal von vielen Leuten geholet. Viele Burschen holen nun auch einmal Heidelbeeren, werden aber unten im Thale die lange Schlericke gewahr, das ist eine Jungfer mit Schlüsseln gewesen. Dem einen winkte sie, ihr zu folgen. Er ist zwar erst ängstlich, gehet aber doch hin. Sie führet ihn in einen aufgeschlossenen Berg, durch fünf große herrliche Zimmer, und endlich in einen schönen Saal, der rot ausgeschlagen ist. Hier spricht sie zu ihm: »Ist gut, daß du mitkommen bist, sonst wärs euch übel ergangen.« Danach öffnet sie einen Kasten und giebet dem jungen Manne, der ganz verwundert gewesen ist, einen großen Beutel voll Gold. Darauf entlässet sie ihn aus dem Berge und der junge Mensch ist dadurch sehr reich geworden.

Man erzählt auch, die Schalk sei ein verwünschtes Schloß und um sie her liege das ganze Groß- und Kleinwild in kleinen Steinen abgebildet umher, Hirsche, Rehe, Hasen, Katzen und Hunde, sagt man, seien um das Schloß her verwünschet. Die Jungfrau von der Schalk sah nicht lieblich aus, wie andere Schlüsseljungfrauen, sondern verwildert, und hatte eine schmutzige Nase. So hat sie unzählige Frauen aus den Erdbeeren fortgejaget. Einen um 1850 noch lebenden Hirten vom Zellerfeld, der sie rief, verfolgte sie eine ansehnliche Strecke weit, so daß er vor Schrecken erkrankte und seine Herde im ganzen Walde sich zerstreute. Am meisten aber trieb sie mit den Fuhrleuten ihr Unwesen, wovon ich nur eine Geschichte statt vieler erzähle. Wie ein Fuhrknecht an den schalker Teich kömmet, steht sie dort auch wieder an der Schalk. Der Knecht sieht sie nicht, die Pferde aber, wie sie denn nun gar fein sind, spitzen sogleich die Ohren und haften unbeweglich an der Stelle. Endlich kömmet der Fuhrherr herbei, der erkennet sogleich die Ursache und beginnet zu donnerwettern, daß die Schlüsseljungfer schon wieder da sei, [149] und diese verschwindet. – »Sie muß jetzt auch wohl erlöset sein,« sagte eine Frau, die das erzählte – »denn sie lässet sich nicht mehr sehen.«

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Pröhle, Heinrich. Sagen. Harzsagen. Sagen der Bergstädte Klausthal und Zellerfeld. 160. Die Schalk. 160. Die Schalk. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8840-C