Freie Presse

Zwanzig Bogen, zwanzig Bogen!
Nun gereckt und nun gezogen,
an den Federn nun gesogen,
bis die zwanzig Bogen voll!
Neunzehn Bogen sind noch sündig,
aber zwanzig machen mündig,
wär' der zwanzigste auch toll!
Nun geplündert, nun gestohlen!
Denn der Zensor hat befohlen,
und der Setzer steht auf Kohlen:
Rasch den zwanzigsten herbei!
Neunzehn Bogen sind gefährlich,
aber zwanzig machen ehrlich,
aber zwanzig machen frei.
Heil'ge Zwanzig! Zu dir bet' ich:
Rätselhaft und wundertätig
macht des Zensors Majestät dich,
und ehre seine Huld.
Zwar das neunzehnte Jahrhundert
steht beschämt und fragt verwundert –
Ja, die Neunzehn hat die Schuld!
Und so läßt es sich erraten:
Unsre Fürsten, unsre Staaten
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nehmen als Homöopathen
jetzt die Völker in die Kur,
laßt die Leser sich erbosen!
Wenig Fleisch und lange Soßen,
das ersetzt uns die Zensur.
Schreibt denn nun in Gottes Namen,
schreibt, ihr Herren und ihr Damen,
schreibt, ihr Blinden und ihr Lahmen,
schreibt nach Maß und nach Gewicht!
Zwanzig Bogen zwar sind euer:
aber zwanzig sind zu teuer,
zwanzig Bogen kauft man nicht.
Ja zumal in unseren Tagen,
wo die dampfbeschwingten Wagen
sausend durch die Länder jagen
und es doch an Zeit gebricht:
Zwanzig Bogen – welche Menge!
Zwanzig Bogen – welche Länge!
Zwanzig Bogen liest man nicht!

1842

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Prutz, Robert Eduard. Gedichte. Gedichte. Freie Presse. Freie Presse. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-89DE-4