Der Auferstandene

Er vermochte niemals bis zuletzt
ihr zu weigern oder abzuneinen,
daß sie ihrer Liebe sich berühme;
und sie sank ans Kreuz in dem Kostüme
eines Schmerzes, welches ganz besetzt
war mit ihrer Liebe größten Steinen.
Aber da sie dann, um ihn zu salben,
an das Grab kam, Tränen im Gesicht,
war er auferstanden ihrethalben,
daß er seliger ihr sage: Nicht –
Sie begriff es erst in ihrer Höhle,
wie er ihr, gestärkt durch seinen Tod,
endlich das Erleichternde der Öle
und des Rührens Vorgefühl verbot,
um aus ihr die Liebende zu formen
die sich nicht mehr zum Geliebten neigt,
weil sie, hingerissen von enormen
Stürmen, seine Stimme übersteigt.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Rilke, Rainer Maria. Gedichte. Der neuen Gedichte anderer Teil. Der Auferstandene. Der Auferstandene. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-946D-9