Sterblied

Röm. 8, 18-19.


Erschrick, o liebste Seele, nicht,
Wenn dich des Todes Noth anficht.
Ich weiß, worauf ich leb' und sterbe,
Mein Grund des Glaubens stehet fest;
Wenn mich die ganze Welt verlässt,
So werd' ich erst des Himmels Erbe.
Ich bin des Höchsten liebstes Kind,
Er hat mich, eh' die Welt gegründt,
In Jesu, seinem Sohn, erwählet.
Hierauf steht meine Zuversicht,
Was mir sein Vaterherz verspricht,
Das bleibt mir ewig ungeschmälet.
Was will mir hier zuwider sein?
Nicht Leben oder Todespein,
Noch was hier oder dort zu nennen.
[310]
Kein tiefes Leid, noch hohe Pracht,
Kein Engel oder andre Macht
Kann mich von Gottes Liebe trennen.
Drauf halt' ich meinem Schöpfer still;
Es gehe mir dann, wie es will,
Der Frommen Höll' ist auf der Erden.
Was kränkt mich diese kurze Zeit,
Für welcher Noth die Ewigkeit
Mir soll zu lauter Freude werden.
Gieb dich zufrieden, liebe Seel',
Leg' ab gutwillig deine Höhl',
Den Leib, das Haus so vieler Sünden.
In diesem Fleisch, das jetzt so schwach
Und voll von allem Ungemach,
Wird Gott sich selber künftig finden.
Trotz sei dem Teufel und der Welt,
Die mir so schwer zu tragen fällt;
Wenn mich nichts soll von Gott abscheiden,
So will ich gern zufrieden sein,
Und sollt' ich auch derselben Pein
Viel tausendmal noch schwerer leiden.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Röling, Johann. Gedichte. Geistliche Lieder und Oden. Sterblied. Sterblied. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-9C35-7