[Und soll der liebe Knabe]

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Und soll der liebe Knabe
Nun wirklich von dir gehn zum Grabe,
So danke, daß solange
Zu leiten ihn beim ersten Gange
Du warst soweit ersehen,
Daß er nun selbst kann weiter gehen.
Wenn einem stolzen Geiste,
Daß er sich nicht zu hoch erdreiste,
War eine Zucht hienieden,
Und zum Zuchtmeister du beschieden,
Daß er gehorchen lerne;
So lernt' er dir gehorchen gerne.
Und wie ihm erst die Ruthe,
So komme sie nun dir zu Gute!
Die Hand, die sie gebrauchet,
In Honig war sie ihm getauchet,
Daß sie so süß ihm schmeckte,
Daß er mit Küssen sie bedeckte.
Und wie der Sinn sich sträubte,
Der bess're Sinn ihn übertäubte,
Der selbst ihm eingab freien
Entschluß zu bittern Arzeneien;
Sie waren ihm zuwider,
Der Vater sprach, er schlang sie nieder.
Wohlauf denn, ihn entlasse
Mit gutem Zeugniß deiner Klasse,
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Die ihm nicht mehr mag frommen,
Er ist zur höhern aufgenommen.
Doch trennst du dich vom Zögling
Schwer wie das Nest vom jungen Vögling,
Der, wie er fühlt sich flücke,
Auffliegt und nie mehr kehrt zurücke.

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TextGrid Repository (2012). Rückert, Friedrich. Gedichte. Kindertodtenlieder. Krankheit und Tod. [Und soll der liebe Knabe]. [Und soll der liebe Knabe]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-A06A-8