Die drei Sterne auf Erden

Drei Sterne fielen von Himmelshöh'n:
Was wollen wir thun auf Erden?
Ich will als Ros' auf den Auen stehn,
Ich will zur Nachtigall werden.
Ich will versenken mein himmlisch Licht
In ein holdlächelndes Angesicht,
Als Mägdlein will ich wandeln.
Die Rose blühte, die Nachtigall sang,
Das Mägdlein horchte und schaute.
Die Rose den Tau des Himmels trank,
Die Nachtigall Himmelslaute;
Das Mägdlein sog den Himmelsschein
In ihre lebenden Augen hinein
Und strömt' es aus in ein Blicken.
Und als der Frühling beschloß den Lauf,
Da fühlte die Ros' ein Schauern,
Die Nachtigall hörte zu singen auf,
Das Mägdlein begann zu trauern.
Willst, Frühling, du länger nicht weilen allhier,
[221]
So nimm uns trauernde Schwestern mit dir
Zu unsern heimischen Reichen.
Er nahm die Ros' in die rechte Hand,
Die Nachtigall in die Linken,
Das Mägdlein hüllt' er in sein Gewand,
An den Busen ließ er es sinken.
Die Geister zogen den Sternen zu,
Ihr Staub fiel nieder zu irdischer Ruh',
Wer wird von neuem ihn wecken?

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Rückert, Friedrich. Gedichte. Lyrische Gedichte. Viertes Buch. Haus und Jahr. Zweite Reihe. Fest- und Trauerklänge. Die drei Sterne auf Erden. Die drei Sterne auf Erden. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-A5B2-B