1. An J. von Hammer
Jüngst am blühenden Rosenhag sprach mit wichtiger Miene
Gegen Sängerin Nachtigall Honigsammlerin Biene:
Immer saugest du Rosenduft, immer Duft nur der Rosen,
Kosest immer vom glühenden Rosenlippenrubine.
[323]Zur Werkstätte von meinem Fleiß dient dagegen mir jede
Von den Knospen des Frühlinges zur Entfaltung gedieh'ne.
Denn zum köstlichen Honigseim umzuwandeln versteh' ich
Alles Süße, ohn' Unterschied allen Kelchen Entlieh'ne.
Ob der Blüte die Farbe fehlt, leicht verzeih' ich den Fehler,
Nur der fehlende Nektar bleibt das von mir Unverzieh'ne.
Leider, daß mir der Flug versagt, um zu sehn, ob zu holen
Duft nicht sei aus des blühenden Morgenrotes Karmine.
Darum bin ich durch Emsigkeit die im Land Berühmte,
Du, Verliebte, durch Müßiggang bleibst mit Recht die Verschrie'ne.
Sieh, derweil du dich abgehärmt hast am Dorne der Rosen,
Stieg ich duftend aus Veilchenschoß mit vergoldeter Schiene.
Und nun sage mit Einem Wort, ob du selber nicht meinest,
Daß ich Kleine den Preis vor dir, stolze Große! verdiene?
Oder, willst du noch streiten, laß zum Schiedsrichter uns wählen
Den Dolmetschen der Pforte dort im hochtürmenden Wiene,
Der, so hat mir Hafis gesagt, löst mit glücklicher Schnelle
Jedes Rätsel aus Osten, das schwierig anderen schiene.