[170] Einer Dichterin
Nun hast du's rhythmisch ausgesprochen,
Daß du zu lieben mich geglaubt,
Und reißest mir nach kurzen Wochen
Den kaum gewund'nen Kranz vom Haupt.
Schon steht es aller Welt zu lesen,
Was du mir Hohes dargebracht,
Wie deiner unwerth ich gewesen
Und wie du aus dem Traum erwacht. –
Ich sehe wohl: du hast gelitten,
Du büßtest rasche Leidenschaft –
Doch was dir tief in's Herz geschnitten:
Es sprengte deines Geistes Haft.
Dein ganzes Wesen ward gesammelt
Zu freiem, mächtigem Erguß,
Und wo du früher nur gestammelt,
Rauscht deiner Verse stolzer Fluß.
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So möcht' ich fast mich selber preisen,
Daß ich das Weib verletzt in dir,
Da mit so herrlichem Erweisen
Die Dichterin sich rächt an mir.
Nun du gelernt zu überwinden
Der Seele Schmerz in Wort und Ton,
Wirst du stets inniger empfinden
Der Muse Trost, der Muse Lohn.
Und ob du noch, in Haß entglommen,
Mit Recht zu fluchen mir vermeinst –:
Die Stunde, glaub' mir, seh' ich kommen,
Wo du mich segnen wirst dereinst!