71. Der Güß bei Herzberg.

1.

An der Stelle dieses großen Teiches, welcher östlich von Herzberg liegt, hat früher ein schönes Schloß gestanden, welches aber mit Mann und Maus versunken ist. Dieses Versinken war die Strafe für einen großen Frevel. Einst kam nemlich ein Fremder hungerig und ganz ermüdet ins Schloß und bat um Aufnahme und Speise, doch er ward mit Hohn abgewiesen. Die Besitzerin des Schlosses, eine Gräfin, ging sogar soweit, daß sie ihm Brot mit Koth bestrichen reichen ließ. Da fluchte der Fremde dem Schlosse und rief des Himmels Zorn auf dasselbe herab. Der Fluch ging in Erfüllung und das Schloß versank. Zu bestimmten Zeiten können noch die Sonntagskinder in der Tiefe die Zinnen des Schlosses sehen. Ein Wassertaucher (wâterdüker) ist zweimal hinabgestiegen und hat jedesmal Sachen aus dem Schlosse mit heraufgebracht. Doch als er zum dritten Male unter Verheißung eines großen Lohnes hinabsteigen sollte, um eine bestimmte Sache heraufzuholen, erklärte er sich zwar endlich dazu bereit, fügte aber hinzu, wenn es mislänge, so würde ihm der Hals umgedreht werden und dann ein blutiger Streif auf der Oberfläche des Wassers sicht bar werden. Er kam nicht zurück, und es zeigte sich, wie er es vorhergesagt hatte, ein Blutstreif wie ein Reif auf dem Wasser.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Schambach, Georg. Märchen und Sagen. Niedersächsische Sagen und Märchen. A. Sagen. 71. Der Güß bei Herzberg. 1. [An der Stelle dieses großen Teiches, welcher östlich von Herzberg]. 1. [An der Stelle dieses großen Teiches, welcher östlich von Herzberg]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-BA34-4