[142] Vierzehnte Romanze

Wie der Frommen Lanze blühet,
Die vollendend ihr Gelübde,
Hier die Schulden abzubüßen,
Sich in frommen Streit bemühen,
Mit der Palme sich zu schmücken,
Die im Himmel immer grünet,
Gern in eignem Blut sich kühlen;
Wie im Maien die Gebüsche
In den stillen Talen grünen,
Blütumkränzt die vollen Hügel,
Linde liebe Blumen glühen,
Auf der Erde buntem Gürtel
Sich erhebt ein Liebesgrüßen,
Auf Gesanges kühnem Flügel;
Also blühet, also grünet,
Von jedwedem Mund gerühmet,
Manches Heldenherz entzündend,
Und in manchem Lied verkündet,
Rolands Tod und Heldenkühne,
Auch sein adelich Gemüte,
Wie er fern von Trug und Lügen,
Doch vor allem, wie er frühe
Alle seine Schuld abbüßte,
Mit der Märt'rer Kranz sich schmückend,
Deren Palme immer grünet.
Noch in fernen Zeiten glühen
Helden in dem Schlachtgewühle
Bei dem Rolandsliede kühner,
Wenn der Held also begrüßet
Vor der Schlacht die Heldenbrüder,
Ziehend über Tal und Hügel.
Lied wird gesungen,
Kampf dann begunnen,
Wohlauf ihr Gesellen
Froh in Reih'n zu stellen.
Sonne hoch da leuchtet,
Wies' im Taue feuchtet,
Einer läßt vor allen
Seine Stimm' wohl schallen.
[143]
Wie die weiß' und rote
Blüt' im Sturm zu Boden,
Also blut't der Ritter
In der Freunde Mitte.
So in roten Wunden
Alles Leids gesunder,
Höret wie Roland all
Fiel dort in Roncisvall.
War er da verraten,
Manchen Schlag doch tat er;
Muß in Blute sinken,
Ehrenkranz da findet.
Starb mit ihm Oliver,
Hat er des hohe Ehr.
Alle seine Starken
Sah' da fallen Karle.
Roland blieb noch eine,
Sah der Mannen keinen,
Noch sein Horn erklungen,
Daß es mitten sprunge.
Lied muß erklingen,
Schlacht dann beginnen,
Höret wie Roland all
Fiel dort in Roncisvall.
Erst in Blut befeuchtet,
Dann im Kranze leuchtet;
Immerdar nun ruht er,
Sitzt auf goldnem Stuhle.
Ist er da bei Gotte,
Für ihn starb er Todes,
Schimmert hoch in Ehren,
Ewig muß das währen.
Wir Sankt Roland bitten,
Führ' in Todes Mitten;
Hell noch scheint die Lanze
Bald in rotem Glanze.
Lied ist nun gesungen,
Kampf wird begunnen.
[144]
Gedenkt wie Roland all
Fiel dort in Roncisvall.
So auf kühnen Liedes Flügel
Wird des Roland Leid verkündet,
Dessen Taten ewig blühen,
Dessen Palme immer grünet.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Schlegel, Friedrich. Gedichte. Roland. Vierzehnte Romanze. Vierzehnte Romanze. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-D682-1