II. Thätigkeit der Drud.
Die Drud kommt zum Menschen, ihn zu drücken, Nachts wenn er im Bette liegt, doch niemals vor aufgehendem Monde, zwischen 9 und 12 Uhr. Ehe sie ausgeht, zündet sie drey Schleissen an und überschreibt sie mit einer Kohle; so lange muß sie ausbleiben, als die Schleissen brennen. Bärnau.
Ist sie einmal gekommen, drückt sie neun Nächte hintereinander.
Vorzüglich gerne kommt sie über Kindbetterinen, wenn diese nicht in einer Himmelbettstatt mit zugemachtem Vorhange liegen.
Eine Drud bewirkt auch, daß Schwangere schwer entbinden; diese hilft sich damit, daß sie einenSpiegel auf die Schoß legt, dann kann die Drud nur bis an die Knie kommen, weil sie sich im Spiegel sieht.
Sie druckt auch gerne neugeborne Kinder, noch lieber aber saugt sie an deren Brüstchen, daß diese daumengroß werden und die Hebamme Milch herausdrücken kann. Nach dem Drucken sind die Gliedchen der Kinder wie verrenkt; doch kann man die Drud hintergehen, wenn man links und rechts vom KindePuppen ins Bettchen legt; die dumme Drud macht sich dann an die Puppen.
Wenn die Druden keinen Menschen zum Drucken finden, machen sie sich an Thiere, wie Hühner, Schafe, Gänse, und können sie nichts Lebendiges haben, drucken sie sich an Bäumen und Steinen. Das Vieh, das von der Drud gedrückt wird, gedeiht nicht.
[211] Kommt nun die Drud zum Drucken, so geht den Menschen, der plötzlich aus dem ersten Schlummer erwacht, eine Furcht an, und er hört sie die Thüre aufmachen und hereintreten; bald ist er so bewältiget, daß er keinen Athem mehr hat, und seine Glieder wie zusammen geschraubt der Bewegung widerstehen; wie ein Lamm liegt er im Bette, kann nicht reden, sich nicht rühren, fühlt es aber wie einen Mehlsack auf sich liegen. Die Drud setzt sich ihm nämlich auf die Brust und drückt so schwer auf ihn, daß er vermeynt, ersticken zu müssen. Amberg.
Ist sie beym Fenster hereingekommen, so läßt sie sich über der Bettstelle an der Mauer herunter, und setzt sich dem Menschen auf die Brust, daß er stöhnt und röchelt.
Während des Druckens hat man das Gefühl, als liege ein schwarzer Hund, oder eineschwarze Katze, oder ein garstiges altes Weib auf Einem.
Um Amberg druckt die Drud in Gestalt einer Katze. – Anderswo kommt sie in schwarzen Kleidern. Waldmünchen.
Vermöchte es der Mensch noch, während des Druckens die Drud bey ihrem Taufnamen anzurufen, so muß sie ablassen, und liegt nackt und tod auf dem Gedruckten. Amberg.
Hatte er ferner noch so viel Kraft, um ein Kissen in die Mitte der Stube zu werfen und der Drud zu befehlen, sich darauf zu legen, so wird sie sich auf das Kissen setzen und so lange sitzen bleiben, bis der Morgen kommt, wo sie sich zeigen muß.
[212] Wer gedruckt wird, kann die Drud vorrufen, wenn er dazu kommt, sie bey der Hand zu fassen oder einen Zipfel des Bettes, und wenn dieses nicht, wenigstens eine Feder zu erhaschen, und ihr befiehlt, morgen um die und die Zeit auf ein Lehen zu kommen. Zur selben Stunde des Tages erscheint dann die Drud in ihrer wahren Gestalt, aber mit fliegenden Haaren, bittet etwas zu leihen und schreitet hinter sich zur Thüre hinaus. Meistens bestimmt man aber keine Stunde, sondern ruft sie nur auf morgen früh vor; die erste Person, welche sich meldet am folgenden Tage, ist die Drud, und da sie sehr früh kommt, sagt man im Sprichwort von einem früheren Besuche: »Das ist gewiß eine Drud, weil sie so früh kommt!« Der erwartete Besuch wird dann gewöhnlich mit einer tüchtigen Tracht Prügel empfangen, um das Wiederzusprechen zu verleiden.
Bey Amberg wirft der Gedruckte, so er freyer wird, etwas von seinem Leibe, aber von weißer Farbe, auf den Boden hin mit dem Befehle, es morgen aufzuheben.
Um die Drud zu sehen, wenn sie kommt, sucht man im Frauen-Dreyßiger, zwischen Mariä Himmelfahrt und Geburt, eine Haselstaude, welche drey Zweige auf einem Stamme hat, schneidet den mittleren mit einem Kreuzschnitte heraus und legt ihn unter das Bett.
Ein anderes Mittel, zu sehen, wie sie auf Einem liegt, ist, die zwey Zipfel des Kopfkissens übers Kreuz zusammen unter den Rücken zu legen. Amberg.
Wird der Geplagte während des Druckens von [213] Jemandem bei seinem Taufnamen angerufen, so weicht die Drud und kehrt zum Fenster hinaus. Roding.
Ist man so glücklich, ihre kalte dürre Hand zu erwischen und stark zu drücken, ehe sie sich gesetzt hat, so kann sie gleichfalls nicht mehr drucken. Roding.
Kann man während des Druckens hinausfangen aus dem Bette, so erwischt man eine Feder von der Drud und sie muß gehen und kommt nicht wieder. Vermag man aber, während sie druckt, einen Bettzipfel abzuschneiden, liegt sie tod zu Hause. Velburg.
In Warmensteinach sah man die Drud, wenn sie gedruckt hatte, als Wickelwerch zum Bette hinab, – zur Thüre hinausrollen.