10.

Eine alte Hexe hatte es mit dem Teufel; schon zweymal war ihre Zeit aus und immer wieder wußte sie den Bösen zu bereden, ihr auf's Neue hundert Jahre zuzulegen: dafür hatte sie ihm versprochen, die Kinder im Mutterleibe zu tödten oder in der Wiege, und mit deren Blute bösen Zauber zu üben zum Schaden der Menschen: und es gelang ihr gar oft: denn das Blut diente ihr nicht nur selbst zur Nahrung für ihren ausgetrockneten Leib, sondern auch dazu, sich unsichtbar zu machen.

So war sie denn nach Umlauf der jüngsten Frist auf dem Berge in Gesellschaft anderer Schwestern beym nächtlichen Tanze, als der Teufel zu ihr trat und ihr ankündete, heute noch müsse sie mit ihm, er wolle nicht länger mehr zuwarten. Die Alte aber versprach ihm die schöne Tochter zur Ehe, welche sie zu Hause habe, und bestellte ihn für die dritte Nacht mit dem Auftrage, ja als schmucker Geselle zu erscheinen.

In der Hütte aber führte zu selber Zeit das Mädchen ihren Geliebten durch die schönen Zimmer, welche sich eines an das andere reihten: im letzten Gemache wurde es beyden unheimlich: denn hier waren schwarze Katzen, welche bey ihrem Eintreten die Köpfe an einander legten, und sonderbare Vögel, welche ganz ungebärdig thaten und verschiedenes Zaubergeräthe mit Flaschen und Gläsern: schon wollten sie zurückweichen, da stand die alte Hexe zornerfüllt vor ihnen. Der junge Förster [59] faßte sich schnell und hielt um die Hand der Tochter an, wurde aber mit Hohn abgewiesen, denn schon habe sich ein reicher Graf gemeldet.

Für die dritte Nacht mußte sich das Mädchen gleich einer Braut schmücken. Um Mitternacht kam der gefürchtete Freyer und bedeckte den Tisch mit den kostbarsten Geschenken. Die Braut bückte sich etwas, sie zu beschauen: da schob sich das Kreuzchen hervor, welches ihr am Halse hing und der Teufel entwich bey diesem Anblicke. Auf sein Drohen bestellte den Wütenden die alte Hexe für die nächste Nacht: während die Tochter schlief, nahm sie ihr das Kreuzchen weg. Diese aber merkte es am Tage und verschaffte sich heimlich ein anderes. Als nun der Böse wieder kam und sie umfassen wollte, vermochte er es nicht: das verborgene Kreuz schützte die Jungfrau. Dafür wollte er die Alte mit sich führen. Diese aber stellte sich und setzte ihm drey Dinge, die er bis zum ersten Strahle der Sonne vollendet haben müßte: das Steinfeld vor der Hütte in ein Saatfeld umzuwandeln, den nahen Teich auszuschöpfen und zur grünen Wiese zu gestalten, drittens, den Berg mit der Kapelle abzutragen: denn sie habe sich bei ihren Nachtfahrten immer daran gestossen. – Da hörte sie es rauschen, wie wenn tausend Sensen durch Steine gingen und Funken sprühten und knisterten. Schon war das Saatfeld und die Wiese grün, und der Teufel hatte eben den Thurm der Kapelle im Arme, als die Hexe, um den Teufel zu berücken, zu krähen anfing, und augenblicklich krähten alle Hahnen der [60] Gegend nach und die Sonne sendete ihren ersten Strahl hinter dem Berge hervor. Da warf der Teufel den Thurm auf die Hütte und riß die Alte sammt ihren Zauberthieren mit sich fort durch die Luft. Das Mädchen aber blieb verschont: es war die geraubte Tochter eines Edelmannes. Neuenhammer.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Dritter Theil. Dreyzehntes Buch. Hölle. Erster Abschnitt. 2. Teufel. 13. Teufelsbündniß. 10. [Eine alte Hexe hatte es mit dem Teufel; schon zweymal war ihre]. 10. [Eine alte Hexe hatte es mit dem Teufel; schon zweymal war ihre]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-E245-E