§. 25. Feilenhauer

oder Sägenfeiler sind in der ganzen O. Pfalz als fahrende Leute bekannt, welche die Macht haben, Geister, [168] besonders böse, so durch ihr Waizen die Menschen beunruhigen, zu vertragen, zu verschaffen. Sie haben die Gewalt auch da, wo die Priester der Kirche Nichts vermögen und bilden den bösen Gegensatz zu diesen; was die Diener der Kirche im Namen Gottes, das wirken die Feilenhauer im Namen und in der Macht des Teufels. Daher gereicht diese Kunst den Besitzern selber zum Verderben: sie erbt sich von Vater auf Sohn, aber jeder, der sie übt, ist verloren, und der Sohn muß den eigenen Vater nach dessen Tod verräumen.

Sie machen an der Stelle, wo der unruhige Geist sich vernehmen läßt, einen Griff in die Luft und fahren mit der zugeballten Faust in den Ranzen, in welchem sie ihre Feilwerkzeuge führen. Dann vertragen sie den Geist in Moos oder Sumpf im Walde, oder auf Berge in Burgruinen.

Für ihre Mühe muß man ihnen geben, was sie verlangen: ein Markten um den Preis vor oder nach dem Dienste würde ihre Thätigkeit erfolglos machen.

Da sie es mit dem Bösen haben, sind sie allgemein gefürchtet, und jetzt noch wagt man nicht, sie ohne Arbeit oder Geschenk gehen zu lassen, wo sie zusprechen. Weiß man ja doch nicht, ob man nicht einmal ihrer Hilfe bedürftig seyn wird.

Zeitweise erlauben sie sich auch muthwillige Scherze, um zu einem Abendbrod zu gelangen. So kam ein Feilenhauer in das Wirthshaus von Schlammersdorf mit seinem Ranzen; den warf er hin unter die Ofenbank und bat die Gäste, ihn ja nicht zu berühren. [169] Drauf ging er zu Bette. Die Gäste aber waren neugierig, fühlten an dem Ranzen herum und glaubten Federwild darin zu verspüren. Sie machten also den Ranzen auf und sogleich flog ein Rabe heraus, ganz wild, mit Augen so groß wie Fensterscheiben. Umsonst versuchten sie es, ihn zu fangen: er machte fürchterlichen Lärm, und zerkratzte denen jämmerlich das Gesicht, so ihm zu nahe rückten. Um ein gut Stück Geld kam nun der Ranzenmann herab, machte den Sack auf, sagte zum Raben: »Da gehst hinein!« – und er ging hinein und es war Ruhe.

Ein Feilenhauer stellte bey der Mutter des Erzählers ein und warf seinen Ranzen hinter die Ofenbank. Sie wollte ihn nicht behalten, er aber drohte ihr, sie in seinen Ranzen zu thun. Nicht lange, so blähte sich dieser auf, immer mehr; da nahm der Mann seinen Stecken und schlug darauf los, bis er zusammensank. Am Morgen nach der Suppe wollte er zum Danke zeigen, was er im Ranzen trage, hieß den Geist herausgehen und stellte ihn Dockengroß auf seine Hand, wo er tanzen mußte. Es war ein Weibets aus Waldthurn in schwarzem Rock und Wammes, das Gesicht blaulicht, wild schauend, die Nase schnabelartig vorstehend. Drauf schaffte er ihn wieder ein und vertrug ihn nach Flossenbürg. Waldkirch.

Auch bey ihnen kommt es vor, daß die Geister, welche vertragen werden sollen, um eine kleine Stelle am Orte ihres bisherigen Wirkens bitten.

So bat der unruhige Geist des ehemaligen Bilmesschneiders [170] von Ilsabach, den der Geistliche nicht bannen konnte, den herbeygerufenen Feilenhauer anfangs nur um ein kleines Plätzchen im Schweinstall, so groß wie ein Fingerhut, dann so klein wie eine Nadelspitze, doch umsonst. Er hätte ja doch nicht Ruhe gegeben, und wurde daher in den Böhmerwald vertragen.

Dort oben vertragen die fahrenden Künstler die Geister in die alten Trümmer der Burg Schellenberg: da sitzen diese drinnen und karten mit eisernen Karten, welche sie alle Jahre zu Tode karten. Der Feilenhauer muß ihnen daher jedes Jahr eine neue Karte bringen. In der Burg wohnt das Burgfräulein; so oft nun der Mann einen neuen Geist bringt, wirft er den Ranzen hin und tritt mit den Füssen darauf herum, bis der Geist heraushüpft; das Fräulein empfängt ihn dann mit Saitenspiel in der Weise, wie man die Bauernbraut zur Hochzeit abholt.

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TextGrid Repository (2012). Schönwerth, Franz. Sagen. Aus der Oberpfalz. Dritter Theil. Dreyzehntes Buch. Hölle. Zweyter Abschnitt. 2. Teufelsmenschen. 25. Feilenhauer. 25. Feilenhauer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-E8AE-0