§. 47. Frauenstein.
Die Burg geht nach der Sage in das graueste Altertum zurück, ja sie soll noch von den Riesen erbaut seyn. Hoch oben auf der Spitze des Felsens, in Mitte des Waldes gelegen, ist sie jetzt ganz verfallen. Auf den Thurm, welcher eine weite Fernsicht bis gen Prag und Regensburg bietet und nun auch in Trümmer geht, hatten die Oesterreicher in den Franzosenkriegen ein hölzernes Häuschen erbauet als Warte, von der man bis gen Amberg und Regensburg schauen konnte. Eine Hohlgasse in den Felsen eingegraben führt zur Burg so steil, daß kein Wagen ohne Gefahr denselben fahren kann; die Hängebrücke führte über einen Abgrund in's Burgthor. Der ehemalige Burggarten ist nun von riesigen Bäumen bewachsen, und der einstige Spielplatz der Ritter Wald. Ein unterirdischer Gang führt aus [408] der Burg eine halbe Stunde weit bis zur sogenannten Bruck im Walde.
Berühmt ist die Burg durch Eleonora von Frauenstein, welche der wilde Hans von Schneeberg in Abwesenheit des Vaters entführte, um sich in Böhmen mit ihr trauen zu lassen; dem nachsetzenden Vater gelang es, sie noch am Altar dem Räuber zu entreissen.
Ein späterer Besitzer, Graf Fuchs genannt, baute sich ein neues Schloß in Winklarn, und zwar so herrlich und schön, daß der Herzog, der auf Besuch kam, zu ihm sagte: »Füchslein, Füchslein, du hast dir eine schöne Höhle gebaut, aber deine Unterthanen werden es verspürt haben.« Der Graf aber richtete sich auf und betheuerte, jedem Unterthanen hundertfach jeden Heller ersetzen zu wollen, den er beygetragen – und es fand sich keiner. Die Herren von Frauenstein waren in der That selbst kleine Herzoge, indem ihnen außer der Stadt Schönsee und dem Markte Winklarn wohl noch dreyssig Ortschaften zugehörten. Ueberhaupt heißt es, daß die Burgen ringsherum sehr wohlfeil gebaut wurden, denn die Arbeitsleute erhielten des Tages nur einen gelben Pfenning zum Lohne.
Auf der Burg hört und sieht man gar oft eineweisse Jungfrau, in einen weissen Schleyer verhüllt, groß und schlank, und bedachtsam einherschreitend; in den Gewölben ist ein grosser Schatz vergraben. Ein schwarzer Hund bewacht sie, der Feuer speyt. Männer aus Pondorf gingen einmal unter dem Passion hinauf und lasen die Beschwörung, um den Schatz zu heben. [409] Ein starker Wind aber wehte sie auseinander, so daß sie in drey Tagen sich nicht mehr zusammenfanden. Einem davon hatten sie das Kruzifix auf den Rücken geheftet, den wehte es am weitesten.
Auf diesem Stein suchten einst drey Hütbuben verlorenes Vieh um die zwölfte Stunde, und sahen einen Wagen dastehen, mit vier Rappen bespannt, oben eine Kiste voll Geld und auf dieser einen neuen Kronenthaler. Den nahmen sie. Auf dem Heimwege fiel es einem von ihnen ein, daß er sein Stück Hütbrod auf der Kiste gelassen habe; er kehrte zurück, um es zu holen, und so wie er es nahm, war Alles verschwunden. – Ferner, ein Mädchen suchte auf dem Stein die verlorene Gais und stieß dabey auf einen Korb voll der feinsten weissen Wäsche. Sie nahm ein Tuch, welches zu oberst lag, trieb die gefundene Gais heim und wollte der Mutter das schöne Linnen zeigen; dieses aber hatte sich im Sacke in einen alten viereckten Thaler verwandelt.
Rings in den Waldschlägen gibt es im Sommer eine ungeheuere Menge Schwarzbeeren: die Leute kommen weit her, sie zu sammeln, selbst aus Böhmen. Oft haben sie da rothe Männlein und Weiblein gesehen.
An der Burg zeigt man endlich einen Stein, der eine verwunschene Jungfrau seyn soll.